Deutschlands Freiheits-Partei stürzt sich ins Getümmel

von Daniel Pipes, 8. November 2010

Englischer Originaltext: Germany’s Freiheit Party Joins the Fray
Übersetzung: H. Eiteneier

Die Freiheit, eine neue deutsche Partei, wurde am 28. Oktober bei einem Treffen in Berlin gegründet. Ich war in der Stadt, daher lud die Parteiführung mich als einziges Nichtmitglied der im Entstehen begriffenen Partei ein, um ihre Gründungsversammlung mitzuerleben und darüber zu berichten.

René Stadtkewitz, Vorsitzender der Partei Die Freiheit, auf der Gründungsveranstaltung flankiert von anderen Parteiführern.

In Mahnung daran, wie Freiheiten in Europa in diesem Zeitalter des islamistischen Terrors ausgehöhlt werden, kann eine politische Partei, die der Islamisierung Widerstand leistet und Israel unterstützt, nicht am hellichten Tag entstehen. Also erfuhr ich, wie die übrigen der mehr als 50 Teilnehmer, Zeit und Ort des Ereignisses erst kurz bevor es stattfand. Zur Sicherheit operierten die Organisatoren im Verborgenen; das Hotel-Management wusste nur von der Vorstandswahl einer Firma mit harmlosem Namen. Selbst jetzt noch kann ich den Namen des Hotels aus Sicherheitsgründen nicht nennen.

Ein Großteil der Zeit wurde von rechtlichen Dingen in Anspruch genommen, die für die Registrierung einer politischen Partei in Deutschland erforderlich sind: Anwesenheitsliste ausfüllen, Stimmenzählung, organisatorische Abläufe erklären, die Schritte für die Teilnahme an den Berliner Wahlen im September 2011 aufzählen und den Vorstand wählen, einschließlich des Vorsitzenden, René Stadtkewitz (45). Dieser stammt aus Ostdeutschland, ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und gehörte der im Bund regierenden, konservativen Christlich-Demokratischen Union an, bis er vor einem Monat aus der Partei ausgeschlossen wurde, weil er den niederländischen Politiker Geert Wilders zu einer öffentlichen Diskussionrunde einlud.

Das Deckblatt des (vorläufigen) Grundsatzprogramms von Die Freiheit.

Ich war hauptsächlich an seiner mündlichen Zusammenfassung der Parteipolitik sowie der Verteilung eines 71 Seiten starken Grundsatzprogramms interessiert, das die Parteipositionen detailliert beschreibt. Stadtkewitz erklärte die Notwendigkeit für eine neue deutsche Partei damit, dass „die etablierten Parteien unglücklicherweise nicht bereit sind eine klare Haltung einzunehmen, sondern stattdessen das Volk und seine Sorgen im Stich lassen“. Das Programm nimmt weder ein Blatt vor den Mund, noch wird darin in kleinem Maßstab gedacht. Das Vorwort [des ausgehändigten Entwurfs] erklärte gleich zu Beginn: „Die abendländische Zivilisation, Jahrhunderte lang führend in der Welt, ist in eine existenzbedrohende Krise geraten.“

Der Wahlspruch der neuen Partei ist „Partei für mehr Freiheit und Demokratie“; sie spricht freimütig über den Islam, Islamismus, islamisches Gesetz und Islamisierung. „Ausgehend von dem Wissen, dass der Islam nicht nur eine Religion, sondern vor allem auch eine politische Ideologie ist, die ein eigenes Rechtssystem beinhaltet,“ fordert die Partei „eine Überprüfung aller in Deutschland aktiven islamischen Vereine und Verbände auf ihre Verfassungs- und Rechtstreue, um den Missbrauch der Religionsfreiheit zur Durchsetzung politischer Ziele zu unterbinden“ und verurteilt Bemühungen eine parallele Rechtsstruktur auf Grundlage der Scharia aufzubauen. Ihre Analyse schließt energisch: „Wir setzen uns mit aller Kraft gegen eine Islamisierung unseres Landes ein.“

Die Freiheit gibt Israel robuste Unterstützung und bezeichnet es als „die einzige Demokratie im Nahen Osten. Er ist deshalb der Vorposten der westlichen Welt im arabischen Raum. Alle demokratischen Länder müssen höchstes Interesse daran haben, dass Israel in freier Selbstbestimmung und in Sicherheit existieren kann. Wir bekennen uns ausdrücklich zum Existenzrecht Israels, es steht für uns nicht zur Disposition.“

So klar sowohl diese Passagen, als auch die Ablehnung des türkischen Beitritts zur Europäischen Union sind, bilden sie doch nur rund zwei Prozent des Grundsatzprogramms, das traditionelle westliche Werten und Politik anführt, die für das deutsche politische Leben üblich sind. Zu seinen Themen gehören Volk und Nation, direkte Demokratie, Familie und Generation, Schule und Bildung, Arbeit und Soziales, Wirtschaft und Finanzen, Energie und Umwelt, Gesundheit und so weiter. Eine breite Plattform anzubiegen macht Sinn, weil das Antiislamisierungsprogramm in ein komplettes Politik-Programm eingepasst ist.

Die Tagesordnung des Gründungstreffens (zur Vollansicht anklicken)

Trotzdem betonten die Presseberichte zur Gründung natürlich die Haltung von Die Freiheit zum Islam und definierte sie eng als „Anti-Islam-Partei„.

Die Gründung von Die Freiheit veranlasst zwei Feststellungen. Erstens passt sie zwar in das Muster aufkommender europäischer Parteien, die sich auf den Islam als zentrales Element ihres Auftrags konzentrieren, unterscheidet sich aber von den anderen durch ihre breitere Perspektive. Während Wilders‘ PVV fast jedes gesellschaftliche Problem dem Islam zur Last legt, hat Die Freiheit zusätzlich zu ihrer Opposition „mit aller Kraft gegen die Islamisierung unseres Landes“ viele weitere Themen auf ihrer Agenda.

Zweitens liegt Deutschland deutlich hinter den meisten europäischen Ländern mit großer muslimischer Bevölkerung zurück, was das Hervorbringen einer Partei angeht, die sich gegen die Islamisierung stemmt. Das liegt nicht an fehlenden Versuchen; frühere Vorstöße verliefen im Sande. Ende 2010 könnte ein günstiger Augenblick sein, um eine solche Partei auf die Beine zu stellen; gerade hat es eine massive Kontroverse um das Buch Thilo Sarrazins gegeben, in dem die Einwanderung von Muslimen bereut wird. Dem folgte Kanzlerin Angela Merkels Bekanntgabe, dass der Multikulturalismus „total gescheitert“ ist.

Die Partei Die Freiheit ist als massenkompatibel, ernst und mit konstruktivem Bemühen im Umgang mit einem überaus komplexen und langfristigen Problem konzipiert worden. Sollte sie Erfolg haben, könnte sie die Politik in Europas einflussreichstem Land verändern.