Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 4. Dezember 2012 (direkt vom Autor)
Ein kahler Hügel mit dem Namen „E1“ (auf Englisch ausgesprochen „E-One“ klingt im Hebräischen wie „Iwan“) hat weltweiten Wirbel und präzedenzlos scharfe Kritik gegen Israel ausgelöst, nachdem Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Bau von 3.000 neuen Wohneinheiten verkündet hatte. Dem Premier wurde nachgesagt, aus „Wut“ völlig „irrational“ wie ein Mann an der Spitze einer „Verbrecherbande“ diesen Beschluss aus Rache wegen des Alleingangs der Palästinenser gefasst zu haben, bei der UNO den Status ihrer Beobachterdelegation in einen „Beobachterstaat“ verwandelt zu haben. Während Holland, Schweden, Frankreich und Australien die israelischen Botschafter in die Außenämter zitiert haben, um heftige Rügen auszusprechen, lamentierten israelische Kommentatoren: „Jetzt hat Israel auch noch Europa verloren.“ Linksgerichtete wahlkämpfende Oppositionspolitiker wie Zehava Galon fuhren im strömenden Regen zu dem Hügel, um Netanjahu eines „Todesstoßes“ gegen den Frieden mit den Palästinensern zu bezichtigen. Die linksgerichtete israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem wittert Verstöße gegen internationales Recht und eine Aussperrung der Palästinenser von Jerusalem, der Hauptstadt ihres angestrebten Staates. Dabei grenzen Ramallah im Norden und Bethlehem im Süden nahtlos an Jerusalem an. Mauern und Grenzkontrollen wurden erst als Folge palästinensischen Terrors errichtet.
„Iwan“ oder eher „E1“ ist ein weitgehend unbewohnter Hügel östlich des Jerusalemer Ölbergs. Noch weiter östlich liegt Maaleh Adumim, eine 1974 im besetzten Gebiet gegründete Schlafstadt, heute mit etwa 40.000 Einwohnern, die täglich zu ihren Arbeitsplätzen in Jerusalem pendeln. Maaleh Adumim wurde errichtet, nachdem sich herausstellte, dass 1973 jordanische Panzer ungehindert auf einer breiten Autobahn bis zum Stadtzentrum Jerusalems hätten fahren können, wenn König Hussein sich entschlossen hätte, dem Überraschungsangriff der Syrer und Ägypter zu Beginn des Jom Kippur Krieges (Oktoberkrieg) anzuschließen. Das stellten Ministerpräsident Jitzhak Rabin und der König bei einem Gespräch 1994 fest.
Rabin, der Architekt des Friedensprozesses mit den Palästinensern und der Osloer Verträge mit Jassir Arafat, erkannte schon 1994 die Notwenigkeit, das 12 Quadratkilometer große Gelände mit Schluchten und Steilhängen zu bebauen, um eine geografische Kontinuität zwischen Jerusalem und der isolierten Schlafstadt Maaleh Adumim zu schaffen. Deshalb ließ Rabin während der Verhandlungen mit Arafat die Munizipalgrenzen der Stadt bis zum Berg „Iwan“ auszuweiten.
Unter seinen Nachfolgern, darunter Ehud Barak, Benjamin Netanjahu (während seiner ersten Kadenz als Premierminister) und vor allem unter Ariel Scharon und Ehud Olmert wurden Bebauungspläne entworfen und ein Polizeihauptquartier mitten auf dem Hügel errichtet. Das geschah weitgehend unbeachtet von den Amerikanern. Gleichwohl hatten sich alle genannten israelischen Ministerpräsidenten gegenüber der amerikanischen Regierung unter George Bush und Bill Clinton verpflichtet, die Errichtung von Wohnungen in „Iwan“ ruhen zu lassen. 2005 wurden unter Premierminister Ariel Scharon erstmals Baupläne für die Errichtung neuer Viertel veröffentlicht. Scharons Vize, Ehud Olmert, der Netanjahu „unverantwortliches Handeln“ vorwarf, verkündete die Schaffung einer physischen Verbindung zwischen Jerusalem und Maaleh Adumim „im passenden Augenblick“, während Scharon grünes Licht für die inzwischen abgeschlossene Errichtung des Polizei-Hauptquartiers gab. Die Amerikaner schwiegen zum Bau der Polizeistation, weil sie sich damals nicht mit einem „Mikro-Management“ des Konflikts aufhalten wollten.
Gleichzeitig wurde eine Schnellstraße zwischen zwischen den palästinensischen Ortschaften El Azariah (Bethanien) und Anata bei Ramallah gelegt. So wurde eine direkte Verbindung zwischen dem Süden des Westjordanlandes und dem Norden gewährleistet.
Die von Palästinensern und in deren Gefolge auch von europäischen Regierungen erhobene Behauptung, dass Netanjahus Beschluss die Errichtung eines zusammenhängenden palästinensischen Staates unmöglich mache, ist nicht nachvollziehbar. Denn der weitgehend unerschlossene „Iwan“-Hügel ist für Fahrzeuge und sogar für Esel unpassierbar. Für „territoriale Kontinuität“ sind gute Straßen zweifellos wichtiger, als Schluchten und Steilhänge eines unzugänglichen Berges. Ebenso stellt sich heraus, dass Netanjahu lediglich uralte Pläne seiner Vorgänger seit Jitzhak Rabin aus der Schublade hervorgeholt und erneut veröffentlicht hat. Bis zu einer Genehmigung der Pläne und Ausschreibungen für den Baubeginnen wird die Weltgemeinschaft noch weitere Gelegenheiten zu Protest gegen ein zwanzig Jahre altes Projekt erhalten. Zudem bleibt den Palästinensern bei Jericho eine etwa 14 Kilometer breite Schneise, um auf Umwegen vom Norden in den Süden zu fahren. Bekanntlich gibt es zwischen dem Norden Israels also Galiläa und dem Süden mit der Negewwüste, bei Natanja nördlich von Tel Aviv auch nur eine 14 Kilometer breite Schneise, auch „Wespentaille“ genannt, ohne dass je jemand behauptet hätte, dass Israel kein lebensfähiger Staat sei oder über kein „zusammenhängendes Territorium“ verfüge. Wer von Jerusalem aus nach Tiberias im Norden oder Dimona im Süden will, ohne durch besetztes Gebiet zu fahren, muss lange Umwege einplanen.
(C) Ulrich W. Sahm
Hier gute Karten zum Überblick:
– http://aro1.com/palaestinensische-propagandaluege-um-e1/
– http://honestreporting.com/wp-content/uploads/2012/12/westBank-E1.jpg
Nurit Galron? Die singt und ich habe sie als letztes gesehen, wie sie fuer Benny Gantz gesungen hat, der zu ihrem Konzert kam, als der Gaza-Einsatz zu Ende gegangen war.
Ist nicht doch eher Zehava Galon gemeint, die unermuedliche Meretz-Politikerin mit der furchtbar schrillen Stimme?
Gebe ich mal an Sahm weiter.
Hallo Lila, hattest Recht. Uli ist peinlich berührt. 🙂
😳 Das war nicht meine Absicht. Hab mich nur gewundert. Bin doch Uli-Fan.
Keine Sorge. Sein Problem war, dass er in dem Artikel ohnehin einige Fehler eingebaut hatte, die er richtigstellen musste. Das mit der Sängerin war dann die Krönung eine schlechten Tages. Er nimmt es sportlich.
[…] Kilometer entfernte Maale Adumim verbindet, ist “ein kahler Hügel”, der, wie Ulrich W. Sahm schreibt, “für Fahrzeuge und sogar für Esel unpassierbar” […]
[…] Kilometer entfernte Maale Adumim verbindet, ist “ein kahler Hügel”, der, wie Ulrich W. Sahm schreibt, “für Fahrzeuge und sogar für Esel unpassierbar” […]