Michael Freund, The Jerusalem Post, 5. November 2020
Diese Woche vor hundert Jahren gewann ein unbesungener Verfechter der zionistischen Sache, der seinen Lohn nicht erhalten hat, erdrutschartig sein Rennen um das Weiße Haus. Und weil sein wichtiger Beitrag für die schließliche Gründung des modernen Staates Israel weitgehend übersehen worden ist, wäre jetzt die passende Zeit sich mit Dankbarkeit daran zu erinnern, was Warren G. Harding für das jüdische Volk tat.

Am 2. November 1920 gewann Harding, ein Republikaner, 60,2% der Wählerstimmen und satte 404 Wahlmänner-Stimmen, mit denen er zum 29. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde. Er übernahm das Amt am 4. März 1921 (erst 1937 wurde die Amtseinführung des Präsidenten auf den 20. Januar verschoben) und starb am 2. August 1923 nach kaum der Hälfte seiner ersten und einzigen Amtszeit. Trotzdem tat Harding in dieser kurzen Zeit eine Menge, um die Grundlagen für die zukünftige Unterstützung des noch nicht wiedergeborenen jüdischen Staates zu legen.
Erst einmal zögerte der in die Fußstapfen seines Vorgängers Woodrow Wilson getretene Harding nicht, öffentlich Sympathie für den Zionismus und dessen hochfliegende Ziele zu äußern. Am 1. Juni 1921, weniger als drei Monate nach Amtsübernahme, vermerkte Harding vorherwissend: „Für jemanden, der den Dienst des hebräischen Volks insgesamt studiert hat, ist es unmöglich den Glauben zu vermeiden, dass es eines Tages in seine historische Heimat zurückgeführt wird und dort in eine neue und noch großartigere Phase seines Beitrags zur Förderung der Menschheit eintreten wird.“ In der Folge hatte Harding am 13. Januar 1922 Nahum Sokolow, den Präsidenten des Exekutivrats des World Zionist Congress, fast eine Stunde lang im Weißen Haus zu Gast und gab seiner „Sympathie für den Zionismus“ Ausdruck, währen er auch die „Unterstützung der Regierung der Vereinigten Staaten“ versprach. Das Treffen gab Sokolow und seiner Delegation einen wichtigen Anschub bei ihren Bemühungen darum die Werbetrommel für amerikanische Unterstützung für einen jüdischen Staat zu rühren.
Mehrere Monate später, am 11. Mai 1922, schrieb der Präsident in einem Brief an ein zionistisches Komitee: „Ich bin sehr froh meine Zustimmung und herzliche Sympathie für die Bemühungen der Palestine Foundation zur Wiederherstellung Palästinas als Heimat für das jüdische Volk zum Ausdruck bringen zu können. Ich habe immer mit Interesse, das ich für genauso praktisch wie gefühlsbetont halte, den Vorschlag zur Wiederherstellung Palästinas und der Erneuerung einer realen jüdischen Nationalität betrachtet und ich hoffe, die jetzt vorgenommenen Anstrengungen hierzu in diesem wie in anderen Ländern werden die vollsten Erfolgsmaßstäbe haben.“ In ähnlicher Weise rief er in einem an die Zionist Organization of America am 25. Juni des Jahres versandten Schreiben noch energischer aus: „Ein lange gehegtes Interesse an der zionistischen Bewegung, sowohl vom Gefühl her als auch praktisch, veranlasst mich zu dem Wunsch, dass ich die Mitglieder der Organisation treffen könne und die Wertschätzung zum Ausdruck bringen kann, die ich für die großartige Bewegung empfinde.“
Harding beschränkte sich aber nicht nur darauf über den Zionismus, die nationale Befreiungsbewegung des jüdischen Volkes, unterstützend zu reden. Er setzte auch seinen Präsidentenstift ein, um zionistische Geschichte zu schreiben.
Am 21. September 1922 unterschrieb Harding die Loge-Fish Resolution, einen von beiden Häusern des Kongresses einstimmig verabschiedet Beschluss, der die Balfour-Erklärung von 1917 bestätigte, mit der die britische Regierung ihre Unterstützung einer jüdischen nationalen Heimstatt im Land Israel zum Ausdruck brachte.
Die Resolution war im Juni 1922 von zwei Republikanern, den Abgeordneten Hamilton Fish III. und Senator Henry Cabot Lodge, eingebracht wurde, aber schnell breite, parteiübergreifende Zustimmung erhielt. Tatsächlich sagte der Kongressabgeordnete James A. Gallivan (Demokrat aus Massachusetts), er hoffte sie würde „eine Quelle der Ermutigung des jüdischen Volkes in seinem Kampf darum ins Land zurückgebracht zu werden, aus dem sie zwangsvertrieben wurden“. Es überrascht nicht, dass sowohl das US-Außenministerium als auch die New York Times gegen die Resolution waren, aber der Präsident ignorierte ihre Proteste und bestand darauf, dem sein Prüfsiegel zu geben.
Mit seiner Unterschrift unter den Beschluss erteilte Harding den Zielen der zionistischen Bewegung offizielle US-Unterstützung, womit er sie in den Augen vieler Amerikaner wie auch vieler Juden legitimierte, von denen einige auf der Hut waren den Zionismus offen zu unterstützen, weil sie Angst vor dem hatten, was ihre nichtjüdischen Nachbarn denken könnten, aber das parteiübergreifende Votum zusammen mit der Genehmigung des Präsidenten half diese Ängste zu dämpfen. Darüber hinaus bereitete das die Bühne dafür, dass folgende US-Regierungen Israel sowohl 1984 bei seiner Gründung als auch darüber hinaus unterstützten.
Die Unterzeichnung der Resolution versinnbildlichte Hardings tiefe Überzeugung, dass das jüdische Volk unweigerlich ins Land seiner Vorväter zurückkehren würde. Nur wenige Wochen zuvor, am 21. August 1922, als er dem amerikanischen Judentum Neujahrsgrüße schickte, schrieb Harding bewegend: „Das Gedenken zum diesjährigen Rosch Haschanah, den Neujahrstag des jüdischen Volkes, wird das Ende eines Jahres kennzeichnen, das in den jüdischen Annalen besonders bemerkenswert war. Es ist die endgültige Zusage an das jüdische Volk, dass sein langes Streben nach Wiederbegründung der jüdischen Nationalität im Heimatland dieses großartigen Volks definitiv verwirklicht werden wird. Das ist ein Ereignis bemerkenswerter Bedeutung nicht nur für das jüdische Volk, sondern auch für seine Freunde und Gratulanten überall, zu denen zu zählen die amerikanische Nation stolz gewesen ist.“ Weniger als ein Jahr später starb Harding plötzlich im Alter von 57 Jahren. Obwohl er damals extrem beliebt war, erlitt sein Ruf einen schrecklichen Schlag, als nach seinem Tod eine Reihe von Skandalen und außerehelichen Affären ans Tageslicht kamen. In der Tat ist er unter Historikern lange als einer der schlimmsten Präsidenten der amerikanischen Geschichte eingestuft worden. Trotzdem schuldet das jüdische Volk Harding Dankbarkeit dafür, dass er den Zionismus förderte und der Sache der jüdischen Eigenstaatlichkeit wichtigen Auftrieb gab, insbesondere nach der Balfour-Erklärung. Damit nahm er eine prinzipielle Haltung ein, widersetzte sich Kritikern und setzte einen Präzedenzfall für seine Nachfolger, von denen einer bis heute lebt.
Und dafür kann und sollte das jüdische Volk immer dankbar sein.