„Anti-Israel“ könnte das neue „Pro-Israel“ sein, aber Befürworter der Lockvogel-Taktik schienen ihren Judenhass nicht so gut zu tarnen, wie sie hofften.
Ruthie Blum, Israel HaYom, 25. November 2020
Wenn George Orwell heutzutage in seinem Grab rotiert, wird er sich wahrscheinlich vor Lachen derart schütteln, dass ihm und dem Rest von uns die Tränen kommen. Ein anstehendes Webinar zu Judenhass ist nur eines von vielen aktuellen Beispielen für Phänomene, die selbst der vorausschauendste Gesellschaftskritiker, dessen Aufsätze und Romane mit abschreckender Genauigkeit die Welt voraussagte, die sich seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hatte, nicht hätte vorausahnen können.
Die Veranstaltung vom 15. Dezember – sie heißt „Antisemitismus auseinandernehmen, Gerechtigkeit gewinnen“ – wird von der linken, antiisraelischen NGO Jewish Voice for Peace (Jüdische Stimme für den Frieden) veranstaltet und der stellvertretenden JVP- und JVP Action-Direktor Rabbinerin Alissa Wise moderiert.
Ihre genauso radikalen Mitsponsoren sind JVP Action, If Not Now und United Against Hate, Jewish Currents, Foundation for Middle East Peace, das Arab American Institute, Jews for Racial and Economic Justice, die Jewish Vote und People’s Collective for Justice and Liberation.
Nach Angaben von JVP wird Antisemitismus „genutzt, um Spaltung und Angst zu erzeugen und während jeder sie schüren kann, nutzt es immer den Politikern, die sich für ihre Macht auf Spaltung und Angst verlassen“.
Die Gruppe musste nicht präzisieren, welche „Politiker“ sie im Sinn hatte, denn es ist offensichtlich, dass die sich im Lager von US-Präsident Donald Trump befinden. Das erklärte Ziel der Online-Veranstaltung besteht darin „zu untersuchen, wie man Antisemitismus und diejenigen bekämpfen kann, die versuchen Antisemitismus-Vorwürfe zu schwingen, um progressive Bewegungen für Gerechtigkeit untergraben.“
Wieder ist der Bezug klar: Trumps Team und Wähler sind gleichzeitig schuldig des Antisemitismus und falsche Antisemitismus-Vorwürfe gegen unschuldige Progressive zu erheben, deren Fehlverhalten darin besteht Frieden und Gerechtigkeit anzustreben.
Um diese „Diskussion“ zu führen, deren Zweck es ist eine vorab beschlossene Schlussfolgerung zu erzielen – nämlich dass Antisemitismus von der Rechten der Republikaner verbreitet wird – haben die Sponsoren der Konferenz vier passende antiisraelische Diskussionsteilnehmer verpflichtet: die Abgeordnete Rashida Tlaib (Demokratin aus Michigan), den Kolumnisten Peter Beinart, Prof. Marc Lamont Hill von der Temple University und die Akademikerin Barbara Ransby von der University of Illinois in Chicago.
Jeder dieser Teilnehmer protestiert dagegen als Antisemit abgestempelt zu werden, während er/sie Israel zur Verurteilung herausgreift – was eine Schlüsselkomponente der „Arbeitsdefinition Antisemitismus“ ist, wie sie in der Internationalen Holocaust-Gedenkallianz formuliert wurde, bei der die USA Mitglied sind.
Zusätzlich betrieben alle Sponsoren und Podiums-Teilnehmer, die jüdischen wie die nichtjüdischen, „intersektionalen“ Aktivismus, zu dem es gehört die BDS-Bewegung zu unterstützen und sich auf die Seite der schlimmsten Elemente der palästinensischen Gesellschaft zu stellen. Die Ironie ihrer Meidung eines demokratischen jüdischen Staates im Namen eines Gebildes mit einer haarsträubenden Menschenrechtsbilanz, zu der der Missbrauch von Frauen und Schwulen gehört, scheint keiner von ihnen zu registrieren, geschweige denn ihnen Sorge zu machen.
Im Allgemeinen und besonders über diese Antisemitismus-Konferenz verkörpern und liefern diese Inbegriffe von „Frieden und Gerechtigkeit“ Orwells „Doppeldenk“ und „Neusprech“ – Begriffe, die er für das dystopische und totalitäre Universum erfand, die er in seinem 1949 veröffentlichten Roman 1984 so geschickt darstellte – alle am Leben und mit aller Macht um sich tretend.
Fangen wir mit Tlaib an, einem Mitglied der berüchtigten „Squad“ junger weiblicher Kongressabgeordneter der Demokraten. Die Progressive aus Michigan, Sozialistin palästinensischer Herkunft – da haben Sie mal ein Oxymoron – hat viele Ansprüche auf Berühmtheit. Zu diesen gehört ein T-Shirt, das sie stolz mit einer Zeichnung einer Karte von „Palästina“ trug, die den gesamten Staat Israel verdeckte. Das ist eine unmissverständliche Botschaft: dass die Juden nirgendwo in den jüdischen Staat, mit welchen Grenzen auch immer, hingehören. Mit anderen Worten: Der Zionismus ist in ihren Augen im Kern illegitim.
Dann ist da Beinart, Autor von The Crisis of Zionism [die Krise des Zionismus]. Als selbsternannter „stolzer Jude“, der gerade von der New York Times als Meinungsschreiber angeheuert wurde, um die antiisraelische Agenda der Zeitung voranzubringen, ging er vor kurzem so weit die mehrheitlich muslimischen Länder scharf zu kritisieren, die die Abraham-Vereinbarungen unterzeichnet hatten. Ja, das Symbol und der Liebling der antiisraelischen Linken, der dem Zionismus, den er nie besaß, abschwor, schrieb einen langatmigen Text in Jewish Currents über die Normalisierungs-Abkommen, den er „Israel’s Repressive Diplomacy“ [Israels unterdrückerische Diplomatie] nannte.
Hill – Autor von We Still Here: Pandemic, Policing, Protest, and Possibility [Immer noch hier: Pandemie, Überwachung, Protest und Gelegenheit] – sagte gegenüber TMZ Anfang des Monats, dass jeder, der für Trump stimmte, ein Rassist ist. Der Gelehrte und Fernseh-Analyst wurde vor zwei Jahren ausgerechnet von CNN gefeuert, nachdem er bei den Vereinten Nationen eine Rede hielt, in der er die internationale Gemeinschaft aufforderte Israel zu boykottieren und Investitionen von dort abzuziehen.
„Wir haben eine Gelegenheit, nicht nur mit Worten Solidarität anzubieten, sondern politisch zu handeln, Graswurzel-Handeln, lokales Handeln und international zu handeln, was uns geben wird, was die Gerechtigkeit fordert und das ist ein freies Palästina vom Fluss bis zum Meer“, sagte Hill während des „Internationalen Solidaritätstages mit dem palästinensischen Volk“ der UNO.
Wie Tlaibs Palästina-Landkarte ist Hills Verwendung der Redewendung „Vom Fluss [Jordan] bis zum [Mittel-] Meer“ ein Code für die Eliminierung des jüdischen Staates.
Was Ransby angeht: Nun, ihre israelfeindlichen Referenzen sind genauso eindrucksvoll wie die ihrer Podiumskollegen. Als offene Verfechterin der BDS hat sie Israel als „Projekt der Apartheid und ethnischen Säuberung“ bezeichnet und Terroristen gelobt, die Juden abschlachteten.
Dass diese Ansammlung von Hassern ein Podium zur Bekämpfung von Antisemitismus abhalten und daran teilnehmen, ist, wie Hillel Neuer, Direktor von UN Watch, am Sonntag twitterte, „als würde man Nicolas Maduro bitten darüber zu diskutieren, wie man Narko-Tyrannei bekämpft“.
Neuer, dessen Beobachtung der UNO ihm sehr hilft die Lächerlichkeit dieser Art von Bestrebungen zu erkennen und herauszustellen, hat absolut recht. Orwells Aufrechnung des Phänomens erklärt jedoch, wie solch unerschütterliche Dreistigkeit überhaupt erst möglich gemacht wird.
Mit den Worten des Protagonisten Winston Smith aus 1984 läuft der Prozess des Doppeldenk so: „Zu wissen und nicht zu wissen, sich der kompletten Wahrheit bewusst zu sein, während man sorgfältig aufgebaute Lügen erzählt, zwei Meinungen gleichzeitig vertritt, die aufgehoben wurden, zu wissen, dass sie sich widersprechen und beide zu glauben, Logik gegen Logik zu nutzen, Moral abzulehnen, während man sie für sich beansprucht.“
Dass die Anzeige für das Antisemitismus-Podium in den sozialen Medien und die ausführliche Berichterstattung über seine eigentümliche Zusammensetzung in der Mainstream-Presse weitgehend Spott auslöste, mag trösten. Wenn die Zoom-Konferenz tatsächlich stattfindet, wird darüber bis zum Abwinken geredet worden sein, was sie um so vorhersagbarer und sinnloser macht, als sie es ohnehin sein wird.
Orwell wäre zufrieden zu wissen, dass nicht jeder dem erliegt, was seine Hauptfigur als den „Akt der Hypnose“ bezeichnete, nach dem „Krieg Frieden ist, Freiheit Sklaverei ist, Ignoranz Stärke ist und 2+2=5 ist“.
„Anti-Israel“ mag das neue „Pro-Israel“ sein, aber Verfechter der Lockvogeltaktik scheinen ihren Judenhass nicht so gut zu tarnen, wie sie es sich erhofften.