Überall im Land erinnern pittoreske Denkmäler an gefallene Helden des Yom Kippur-Kriegs

Wälder, Parks, Promenaden und Aussichtspunkte haben oft Denkmäler für Soldaten oder Einheiten, die das größte Opfer für ihre Heimat gebracht haben. Hier sind ein paar dieser Ehrungen.

Aviva und Schmuel Bar-Am, The Times of Israel, 17. September 2021

Jacob Rayman, ein amerikanischer Immigrant aus Seattle (Washington), der im Yom Kippur-Krieg fiel. (mit freundlicher Genehmigung der Familie Rayman)

In einem koordinierten Überraschungsangriff griffen von Ägypten und Syrien geführte Koalitionsstreitkräfte am 6. Oktober 1973 den Staat Israel an. Sie hatten einen Tag ausgesucht, an dem praktisch jeder Jude im Land entweder Zuhause oder in der Synagoge war: den Versöhnungstag oder Yom Kippur – den heiligsten Tag des jüdischen Jahres.

Wegen der Heiligkeit des Tages hatten Fernseh- und Radiosender ihre Sendungen eingestellt. Das Internet war natürlich noch nicht erfunden. Das machte es umso furchterregender, als Israels Luftschutzsirenen plötzlich heulten. Während arabische Streitkräfte im Norden auf die Golanhöhen und im Süden in die Halbinsel Sinai vorrückten, fürchteten die Israelis um sich und um die sie verteidigenden Soldaten.

Es dauerte mehrere Wochen das Blatt zu wenden, aber Israel gewann schließlich die Oberhand. Am 25. Oktober, als Ägypten und Syrien erkannten, dass sie den Yom Kippur-Krieg verloren hatten, wurde ein Waffenstillstand in Kraft gesetzt. Trotzdem gab es im Verlauf der nächsten sechs Monate weiterhin sporadische Kämpfe. Als die Granaten schließlich nicht mehr flogen, waren mehr als 2.600 Soldaten im Kampf getötet worden.

48 Jahre sind vergangen, seit der Yom Kippur-Krieg zu Ende ging. Die Familien, Freunde und Waffenbrüder derer, die im Krieg verloren gingen, werden sich für immer an ihre Lieben erinnern. Der Rest von uns, der diese erschütternde Begebenheit erlebt hat, können feststellen, dass die Erinnerung an diese dunkle Zeit, auch wenn sie immer noch traumatisiert sind, begonnen hat zu verblassen.

Fast jeder Wald, Park, Promenade und Naturschutzgebiet in Israel hat mindestens ein Denkmal oder auf Hebräisch andarta, für einen gefallenen Soldaten oder eine gesamte Armee-Einheit. Diese Gedenkstätten für gefallene Soldaten aus Metall und/oder Stein erstellten sind allgemein in Stadtvierteln, auf Straßen, an Aussichtspunkten, entlang von Wanderwegen und an Kreisverkehren zu finden. Oft ergreifend und manchmal einzigartig sind sie berührende Ehrungen  an die heldenhaften Männer und Frauen, die im Kampf für dieses Land starben. Und sie helfen uns, uns zu erinnern.

Unten sehen sie nur ein paar der Gedenkstätten für im Yom Kippur-Krieg getötete Soldaten, zusammen mit den Geschichten der Helden, denen sie gewidmet sind.

Die Simha Zeira-Turbine

Ein Schild erklärt den Energiebeitrag der Windturbine auf den Gollanhöhen, die Sinha Zeira gewidmet ist; die Turbine befindet sich im Hintegrund (Foto: Schmuel Bar-Am)

Als der Yom Kippur-Krieg ausbrach, machten viele der israelischen Reservesoldaten gerade Urlaub oder lebten im Ausland. Simha Zeira, ein Offizier der Fallschirmjäger, studierte in Deutschland für seine Promotion über Mondkristalle und war auf dem Weg in eine brillante wissenschaftliche Karriere. Sobald Zeira von dem Krieg hörte, nahm er sich von der Universität frei. In Jeans und Windjacke und nur mit einer kleinen Tasche mit persönlichen Gegenständen als Gepäck schaffte er es unter Schwierigkeiten das letzte Flugzeug aus der Schweiz nach Israel zu besteigen, bevor Israels Flughäfen für Reisen aus dem Ausland geschlossen wurden.

In dem sich einstellenden Chaos war Zeira nicht in der Lage seine Einheit zu erreichen. Stattdessen schloss er sich einer Gruppe Reservisten an, die aus dem Ausland eingeflogen waren und zusammen machten sie sich auf den Weg auf die Golanhöhen. Am 12. Oktober 1973, als sie nach Syrien hinein vorgingen, wurde Zeiras Schützenpanzer getroffen. Acht der neun Soldaten darin, darunter Zeira, wurden getötet.

Ein Zeira gewidmeter Denkmal-Aussichtspunkt befindet sich direkt nördlich des Zugangs zum Moschaw Alonei HaBaschan. Er besteht aus einem einzelnen Turbinen-Windrad, das aus einem 965 Meter hohen Berg herausragt und genug sauberen Strom für 100 Familien produziert.

Die Ritter des Panzerbataillons 184

Das Denkmal für das Panzerbataillon 184 im Präsidentenwald (Foto: Shmuel Bar-Am)

Während des Yom Kippur-Kriegs war das Panzerbataillon 184 entscheidend dafür das Vordringen der Ägypter aufzuhalten. Am 15. Oktober nahm es an der Operation Abirei HaLev – wörtlich: Die Ritter des Herzens – teil, die die Überquerung des Suezkanals zum Auftrag hatte und eine stark verteidigte ägyptische Stellung namens Chinesenfarm einnahm. Die Schlacht war so heftig, dass die israelischen Kräfte wiederholt außer Gefecht gesetzt waren. Dennoch kämpften sie mit unglaublichem Mut. Achtzig Mann des Bataillons wurden im Krieg getötet; 22 wurden für ihre Heldentaten ausgezeichnet.

Ein ungewöhnliches Monument für das Bataillon findet sich innerhalb des Präsidentenparks des Jüdischen Nationalfonds an der Schnellstraße 44.

Die Andarta Feige und Zeder

Feiertage sind Ursache vieler Feiern im Kibbuz Beit HaSchita im Jesreel-Tal und der Feiertag Rosch HaSchanah zum jüdischen Neujahr im September 1973 war keine Ausnahme. Die Siedler, hauptsächlich junge Leute in ihren Zwanzigern, tanzten, sangen und tranken nach Herzenslust.

Die Andarta der Feige und der Zeder auf den Golanhöhen (Foto zur Verfügung gestellt von Shimon Porat)

Als wir die Kibbuz-Bewohnerin Yehudith Peled Anfang des Monats besuchten, konnte sie ihre Tränen nicht verbergen, als sie uns von den Bildern erzählte, die bei der Veranstaltung gemacht wurden. Eines davon, sagte sie, zeigt eine Gruppe von fünf sorgenlosen (und wahrscheinlich berauschten) jungen Männern. Innerhalb weniger Wochen, fuhr sie fort, sollten alle fünf ihr Leben im Yom Kippur-Krieg verlieren.

Dasselbe passierte mit sechs weiteren jungen Männern des Kibbuz. Tatsächlich trägt Beit HaSchita die zweifelhafte Auszeichnung mehr junge Männer pro Kopf im Yom Kippur-Krieg verloren zu haben als jeder andere Ort in Israel.

Peled erinnert sich daran, wie alles begann. Yom Kippur, auf Deutsch als Versöhnungstag bekannt, ist traditionell ein Tag der Selbstprüfung. Jedes Jahr an diesem Feiertag sollten die Bewohner des Kibbuz zu ernster Gewissensprüfung zusammenkommen.

An diesem Morgen im Jahr 1973 waren in Beit HaSchita keine Sirenen zu hören. Aber während ihrer Zusammenkunft hatten die Bewohner das mulmige Gefühl, dass etwas Schreckliches im Gang war. Gerüchte begannen hineinzusickern, dass es Pläne gab den Kibbuz Merom Golan, einen kleinen Kibbuz auf den Golanhöhen, zu evakuieren und die Frauen und Kinder in Bei HaSchita unterzubringen.

Peled erinnert sich nicht, wie de Kibbuz-Bewohner zuerst erfuhren, dass Israel angegriffen wurde – am wahrscheinlichsten, als plötzlich die Sendungen im Radio begannen. Als der Tag voranschritt, wurde jeder Mann in der Reserve zu seiner Einheit geschickt und ihre verschiedenen Verantwortlichkeiten im Kibbuz wurden von Teenagern aus den Klassen 11 und 12 übernommen. Evakuierte aus Merom Golan erschienen später am Abend, um bis zum endgültigen Waffenstillstand dazubleiben.

Eines der 11 Opfer des Kibbuz war Benjamin (Chupa) Chupakevitch, der Schwager von Peleds Ehemann, dem früheren MK Mosche Peled. Der in Polen geborene Chupakevitch war ein Holocaust-Überlebender, der mit seiner Mutter und Geschwistern im Alter von 13 Jahren 1951 nach Israel immigrierte.

Fünf Jahre später wurde er in die Armee eingezogen und diente bis 1959 im Panzerkorps, dann regelmäßig in der Reserve. Er und seine Frau trafen sich, als beide auf einem israelischen Schiff asrbeiteten und nach einem kurzen Aufenthalt in Europa ließen sie sich in Beit HaSchita nieder.

Als der Krieg begann, wurde Chupakevitchs Einheit in einem Transportpanzer auf die Golanhöhen geschickt Die Gruppe hatte den Auftrag Nachschub zu Panzern auf den Höhen zu bringen und verwundete Soldaten herauszuholen.

Das Denkmal für die gefallenen IDF-Soldaten des Yom Kippur-Kriegs von 1973 im Kibbuz Beit HaSchita (Foto: Shmuel Bar-Am)

Am 10. Oktober befanden sich Chupa und sieben weitere in dem Transportpanzer und machten Pause unter einem Feigenbaum, als das Fahrzeug von einer Sprenggranate getroffen wurde. Alle acht Männer wurden getötet.

Sechs Monate später pflanzte Mosche Peled eine Zeder in dem riesigen Krater, den die Rakete bei ihrem Treffer hinterlassen hatte. Das heute als Andarta Feige und Zeder bekannte unvergessliche Monument weist den größten Zedernbaum auf den Golanhöhen auf – ein allgemeines Symbol des Mutes und Durchhaltevermögens. Es gibt zudem ein ergreifendes Denkmal im Kibbuz Beit Haschita für die lokalen Soldaten, die im Krieg ihr Leben verloren.

Eitan Plonskis Mut unter Feuer

Das Denkmal am Berg Hermon für Eitan Plonski und die drei Soldaten, die mit ihm im Yom Kippur-Krieg 1973 fielen. (Foto: Shmuel Bar-Am)

Der Sanitäter Eitan Plonski wurde bei Ausbruch des Yom Kippur-Kriegs an die Nordfront gerufen.  Mehr als zwei Wochen lang behandelte er verletzte Soldaten mit unglaublicher Hingabe. Am 22. Oktober, während der zweiten erbitterten Schlacht um den strategischen Berg Hermon, erfuhr er, dass der Kompanie-Kommandeur und Funker schwer verletzt worden waren. Obwohl einer der Soldaten ihn zurückhalten wollte, weil er sicher war, dass er es angesichts des wütenden Kampfes nicht zu seinen verletzten Kameraden schaffen würde, kämpfte sich der 21-jährige Plonski voran. Gerade als er die Stelle erreichte, erhielt Plonski einen direkten, tödlichen Kopfschuss.

Eine Plonski und drei Soldaten, die mit ihm im Kampf fielen, gewidmete Andarta findet sich auf dem Berg Hermon. Das von ihren Familien dort errichtete Denkmal besteht aus einem gewaltigen Basaltfelsen auf einem steinernen Podest.

Jacob Rayman, ein amerikanischer Immigrant

Ein Denkmal der AACI und des KKL-JNF für im Yom Kippur-Krieg 1973 gefallene Soldaten im Yitzhak Rabin-Park (Foto: Shmuel Bar-Am)

Am Morgen des 6. Oktober 1973 wurden fünf Soldaten zur Bewachung eines unbemannten Beobachtungspostens auf einem Vulkanhügel namens Tel Saki auf den südlichen Golanhöhen geschickt. Mehrer Stunden später begann Syrien einen massiven Überraschungsangriff, zu dem eine Attacke auf genau diesen Posten gehörte.

Drei Schützenpanzer wurden geschickt, um die belagerten Verteidiger zu retten. In einem befand sich der Fallschirmjäger Jabob Rayman, ein Sanitäter, dessen Familie 1968 aus Seattle (Bundesstaat Washington) nach Israel immigrierte. Rayman, der davon geträumt hatte wie sein Vater Arzt zu werden, wurde bei dem Rettungsversuch tödlich verletzt.

Von Trauer überwältigt bedrängte Jacobs Vater die IDF, bis ihm schließlich erlaubt wurde den Rest des Krieges zu helfen verletzten Soldaten zu evakuieren.

Rayman wird in einem kollektiven Denkmal für die gefallenen Soldaten gedacht, das von Amerikanern und Kanadiern in Israel (AACI) und dem Keren Kayemeth LeIsrael – Jüdischer Nationalfonds (KKL-JNF) direkt neben einem Aussichtspunkt im Yitzhak Rabin-Part nördlich von Beit Schemesch errichtet wurde.

Nur durch Zufall stolperten wir beim Spaziergang entlang eines Pfades im Jeruslamer Ramot-Park über eine viel kleinere Andarta, die einzig der Erinnerung an Rayman gewidmet ist.

Das Denkmal für Jacob Rayman in Jerusalems Ramot Park. (Foto: Shmuel Bar-Am)

Während seiner Wehrpflichtzeit vor dem Krieg war Rayman in einem kleinen, landwirtschaftlichen Außenposten auf den Golanhöhen stationiert gewesen. Bei ihm war Simhona, die Liebe seines Lebens. Gemeinsam hüteten sie Schafe, beobachteten die über ihnen durchziehenden Störche und planten ihre Zukunft.

In seinem letzten Brief an Simhona schrieb Rayman: „Ich kann es nicht erwarten dich zu sehen… Ich vermisse dich so sehr… Ich denke Tag und Nacht an dich… und liebe dich mit einer Liebe,die nicht in Worte zu fassen ist… Warte nur ein Weilchen, dann werden wir für immer zusammen sein… Ich will so sehr leben… Ich bin so glücklich… Auf immer dein, Jacob.“