Während er ursprünglich versuchte einen „Bürgerkrieg“ abzuwenden, indem er seine Rolle als unparteiische Leitfigur honorierte und ein sprichwörtliches Friedensabkommen zu vermitteln versuchte, verurteilte er am Donnerstag Levins Plan, indem er das falsche Narrativ seiner Gegner wiederholte.
Ruthie Blum, Israel HaYom, 13. März 2023
Der jüngste Appell des israelischen Präsidenten Isaak Herzog nach Kompromiss bei der Justizreform war mehr als nur leidenschaftlich. Tatsächlich war seine Rede an die Nation am Donnerstagabend geradezu verärgert und das aus gutem Grund.
Wie er in seiner knappen Ansprache – mit brechender Stimme und grimmigem Gesichtsausdruck – herausstellte, verbrachte er die 10 Wochen davor mit „Arbeit rund um die Uhr, Treffen mit allen, einschließlich derer, die ihm nicht zustimmen, selbst wenn die es ablehnen das zuzugeben“. Er erwähnte auch die „harte und schmerzhafte“ Kritik, die er für seine Bemühungen erhielt, obwohl er behauptete sie „mit Liebe“ entgegenzunehmen.
Angesichts des Zorns, den er sich von regierungsfeindlichen Protestlern letzten Monat einhandelte, ist es etwas schwer das zu glauben; damals wagte er Verständnis für „beide Seiten“ in der Debatte zum Ausdruck zu bringen. Als ehemaliger Vorsitzender der Arbeitspartei war er das Level der Giftigkeit nicht gewohnt, die typischerweise für die Rechte im Allgemeinen und Premierminister Benjamin „Bibi“ Netanyahu im Besonderen reserviert ist.
Aber alles, was er tun musste, um hasserfüllte Demonstrationen vor seiner Residenz auszulösen – voller Drohungen gegen ihn und seine Frau – war die Sorgen aller Lager anzuerkennen. Wer die Justizreformen befürwortet, sagte er am 12. Februar, „hat das Gefühl, dass sich eine Unausgewogenheit zwischen den Zweigen der Regierung entwickelt hat und dass seit Jahren Grenzen überschritten werden“, während die Opposition die Vorlagen von Justizminister Yariv Levin als „wahre Bedrohung der israelischen Demokratie“ betrachtet.
Sie ignorieren entweder, betonte er – bevor er einen Fünf-Punkte-Alternativplan als „Grundlage für sofortige und entscheidende Verhandlungen“ vorlegte – wäre ein „schwerer Fehler“.
Er kann nicht erwarten haben, dass selbst ein Nicken gegenüber der Legitimität der demokratisch gewählten Regierungskoalition würde von der Linken und ihren Gesinnungsgenossen als Todsünde betrachtet werden würde. Genauso wenig hatte er sich vorstellen können, dass die Bereitschaft seinen Vorschlag zu diskutieren einzige aus der Pro-Reform-Ecke kommen würde, obwohl er Elemente enthielt, die für sie inakzeptabel waren.
Er war so töricht nicht zu erkennen, dass die von Yair Lapid geführte Opposition und die Bewegung, die den „Widerstand“ betreibt, mit nichts weniger als einer kompletten Einstellung des Legislativ-Prozesses und dem letztlichen Sturz der rechten Regierung zufriedengestellt sein würde. Er scheint inzwischen ein wenig klüger geworden zu sein oder zumindest die Taktik geändert zu haben.
Das erklärt seinen Frust. Es wirft auch ein Licht auf die Verschiebung in Ton und Inhalt seiner jüngsten Worte.
Ursprünglich versuchte er einen „Bürgerkrieg“ abzuwenden, indem er seine Rolle als unparteiische Leitfigur annahm und eine sprichwörtliche Friedensvereinbarung vermittelte; aber am Donnerstag verurteilte er Levins Plan, indem er das falsche Narrativ seiner Gegner wiederholte.
„Der Gesetzesvorschlag in seiner jetzigen Fassung muss verschwinden und zwar schnell“, erkläre er. „Er ist fehlerhaft; er ist rücksichtslos. Er erschüttert unsere demokratischen Grundlagen. Er muss durch eine andere, vereinbarte Blaupause ersetzt werden. Und zwar sofort.“
Israels Demokratie, fuhr er fort, „ist ein höchster Wert. Ein starkes und unabhängiges Justizsystem ist vor höchstem Wert, ebenso die Bewahrung der Menschenrechte, für Männer wie für Frauen , mit einer Betonung auf den Minderheiten.“
Wegen seines früheren Bestehens darauf, dass er die meisten Streitpunkte zwischen den Seiten erfolgreich abbauen würde – und vielleicht die empörende Auswirkung abschwächen, dass Levin und seiner Unterstützer solche Werte nicht haben – zog er seinen Hut vor den Israelis, die für die Reformen sind. Sie wiesen, die Mehrheit der Wählerschaft.
„Das besondere, reiche israelische Mosaik ist eine höchster Wert und ja, die Verschiedenheit der Judikative, damit sie allen Bürgern des Landes dient, ist ein höchster Wert“, sagte er. „Und eine gesunde, stabile und klare Beziehung zwischen den Zweigen der Regierung ist auch ein höchster Wert.“
Dass er Objektivität vorschützt, hört hier nie auf. Erstens ermahnte er die „Führer des Landes – die Koalition und die Regierung an ihrem Kopf – dass wir an einem Punkt sind, an dem es kein Zurück mehr gibt. Es handelt sich um einen Moment des Sein oder Nichtsein; für Konsens zu optieren und sich einen konstruktiven Verfassungsmoment zunutze zu machen, der uns für die kommenden Generationen verbessern wird oder uns in einen Verfassungs-, Sicherheits-, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Abgrund abgleiten lässt.“
Erst hinterher bezog er den Antiregierungs-Block in seine Rüge ein. Und das war ohne auch nur ein einziges Mal auf deren Kampagne zu verweisen, mit der mehr als die Hälfte der Bevölkerung verunglimpft wird oder auf die Störung des Funktionierens des Staates, dessen Demokratie sie vorgeben zu beschützen.
„Ihr – die Koalition wie die Opposition – müsst eine Entscheidung treffen“, verkündete er und stellte die Frage: „Stehen Israel und seine Bürger über allem oder werden Egos und knappe politische Interessen uns über die Klippe stürzen?“
Bevor er vom Podium stürmte, schloss er: „Ihr bittet mich euch zu helfen? Ich bin bereit euch zu helfen. Aber Verantwortung liegt bei euch, bei allen Fraktionen. Die Wahl ist entweder Katastrophe oder Lösung. Wenn ihr so weiter macht, wie bisher, habt ihr Chaos in den Händen. Die Geschichte wird euch beurteilen. Übernehmt jetzt Verantwortung.“
Es ist schwer Herzog einen Vorwurf zu machen, weil er versucht die Neinsager zu beschwichtigen, deren Bösartigkeit zu widerstehen Nerven aus Stahl braucht.
Es gibt mit seinem Flehen allerdings zwei Probleme. Das Erste ist, dass die Regierung offen dafür, alle Gegenvorschläge zu überprüfen und in Betracht zu ziehen, so z.B. die vom ehemaligen Justizminister Daniel Friedmann und dem Jurawissenschaftler Yuval Elbaschen entwickelten. Levin traf sich am Mittwoch freudig mit Elbaschan, den Hightech-Geschäftsmann Giora Yaron und dem ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Giora Eiland, der den Kompromiss formulierte. Es sind Lapid und der Parteichef der Nationalen Einheitspartei Benny Gantz, die alle Ouvertüren Verhandlungen ablehnten.
Das zweite Problem in Herzogs Appell besteht darin, dass er damit keinen Beliebtheitswettbewerb bei den Radikalen gewinnen lassen wird, die die Show leiten – Sie wissen, die „jeden außer Bibi“-Aktivisten, die das „Chaos“ schüren, das er verachtet. Es ist an der Zeit, dass er die Tatsache verinnerlicht, dass sie lieber das Land den Bach runtergehen lassen als an den Verhandlungstisch zu kommen.