Lennie Lurie, Lay of the Land, 20. März 2023
Israel ist in so vieler Hinsicht ein einzigartiges Land und die erstaunlichen Leistungen dieser kleinen Nation sind Grund für Neid in vielen Ländern, alle größer und reich an natürlichen Ressourcen. Dennoch ist es das israelische Volk, das unbestreitbar für diese Innovationen, Entwicklungen und bemerkenswerten Errungenschaften verantwortlich ist.
Aber lassen sie mich Ihnen etwas von einem relativ unbedeutenden Vorfall erzählen, in dem keine angesehenen, einflussreichen israelischen Personen vorkommen; er ruft keine ungläubigen „WOW“-Reaktionen und Wunder hervor und er hat keinen Bedeutung für israelische Wissenschaften, Technologie und Firmenübernahmen. Tatsächlich betrifft er ein Gruppe gewöhnlicher israelischer Schüler, die einen eher einfachen, wenn auch skurrilen Schritt unternahmen, um ihre Gefühle gegenüber einem Mitschüler auszudrücken. Dennoch bot dieser bescheidene Akt das Einfühlungsvermögen und die Bewunderung derer, die davon hörten. Mehr noch, er zeigte etwas in seiner Originalität, Vorstellungskraft und Beteiligung einzigartig „Israelisches“. Ich kann bereits den zweifelnden Gesichtsausdruck auf Ihrem Gesicht sehen, also bitte ich um Geduld.
Unser Sohn Yair wurde gegen Ende 2017 nach seinem dreijährigen Militärdienst bei den Israelische Verteidigungskräften ehrenhaft entlassen. Während seines Dienstes begann er die Haare seiner Freunde und Kameraden zu schneiden. Wo oder wie er diese Fähigkeit erwarbt, ist mir unbekannt, aber er erledigte einen anerkennenswerten Job und seine „Kunden“ waren äußerst zufrieden mit dem Ergebnis (ganz zu schweigen vom kostenlosen Service!). Nach seiner Entlassung arbeitete er als Assistent bei Mosche, dem Inhaber des örtlichen Barbiers / Herrenfriseurs in unserem Dorf Kiryat Tivon. Mit der gewonnenen zusätzlichen Erfahrung bewältigte Yair alleine den Laden, als Mosche in Urlaub war und übernahm Haarschnitt- und -Stylingpflichten mit vorbildlichen Ergebnissen. „Unser Sohn … der Friseur!“
Vor etwa einem Jahr wurde bei einem Schüler in der örtlichen Oberschule Knochenkrebs diagnostiziert und der durchlief eine Chemotherapie als Behandlungsmittel der bösartigen Krankheit. Leider verlor er, ein übliches Ergebnis dieser Behandlung, alle Kopfhaare. Der Schüler, nennen wir ihn Yossi, ging weiter zur Schule. Natürlich war ein „glatzköpfiges“ Kind unter den Schülern der Schule höchst auffällig. Yossi erlebte ein schreckliches Gefühl „anders“ zu sein und er überlegte ernsthaft die Schule zu verlassen. Seine engen Freunde waren sich Yossis Dilemma bewusst und beschlossen etwas zu unternehmen, um dieses störende Dilemma zu „beheben“.
Eines Tages erschien eine Gruppe Schüler in Mosches Friseurladen und bat darum, dass jeder von ihnen komplett „geschoren“ würde! Mosche überlegte nicht weiter darüber und er wie auch Yair machten sich daran dem Wunsch nachzukommen, was jeden den Jungs in eine jungen Yul Brynner verwandelte (ein bekannter, in Russland geborener Hollywood-Schauspieler der 1950-er und -60-er Jahre, der durch seinen markant kahlen Kopf bekannt war). Als er die Jungs nach dem Grund für ihren extremen Haarschnitt fragte, wurde Mosche informiert, dass das ein Mittel sei sich mit ihrem Mitschüler zu solidarisieren, der sein Haar als Folge der Chemotherapie verloren hatte. Yossi sollte nicht länger aus seinen Mitschülern herausstechen; er sollte eine Reihe „Zwillinge“ haben, die die beleidigenden Blicke der Schüler der Schule teilen.
Mosche war von diese Solidaritätsgeste so beeindruckt, dass er den Schülern vorschlug, er und Yair würden zur Schule kommen und in der Pause jedem Schüler einen kostenlosen Haarschnitt geben, der sich mit ihrem Kameraden Yossi solidarisch erklären will.
Und so kam es. Die beiden Profi-Friseure gingen samt ihrer Ausrüstung zur Oberschule und schnitten rund 50 Jungen die Haare ab. Diese Kids trugen mit großem Stolz und Selbstzufriedenheit, stolz ihre glattrasierten Schädel, damit sie alle sehen konnten. Man kann sich kaum vorstellen, wie Yossi sich fühlte, der sich plötzlich als einer von vielen wiederfand, die einen glänzenden, haarlosen Kopf haben. Sollte je ein „Freund in Not ein echter Freund“ sein, dann waren es diese selbstlosen Kids, die nicht einen einzigen Moment zögerten eine solche extreme ästhetische Veränderung vorzunehmen, damit ein Mitschüler nicht die ärgerlichen Blicke der Öffentlichkeit spüren muss.
Wie oben erklärt, gibt es etwas typisch „Israelisches“ an dieser großherzigen Geste sich das abschneiden zu lassen. Dieses Verbinden mit einem Freund, um ein Stigma zu beseitigen, verbunden mit dem Einfallsreichtum, der Spontanität und der „Ansteckung“ der Tat, ist das, was diese frechen, unhöflichen, derben und beherzten Kids zum Neid all ihrer Gegenüber weltweit machen. Und wir nehmen sie mit Liebe, Bewunderung, Ehrfurcht und Respekte akzeptieren in den Arm und sehen sie, wie sie Soldaten werden, die uns mit derselben Hingabe, Tapferkeit und Selbstlosigkeit verteidigen werden.
[Anmerkung des Übersetzers: Am Dienstag kam im Fernsehen ein Kurzbericht, dass eine Handvoll Grundschüler in Irland sich ebenfalls die Haare scheren ließen; das war aber auch ein PR-Event zum Spendensammeln.]