The War of a Million Cuts – Kapitel 10: Akademiker gegen Juden und Israel

In vielen Ländern zählen Universitätscampusse zu den wichtigsten Schlachtfeldern gegen Israel.[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] Dies hängt zum Teil mit anderen problematischen Aspekten der zeitgenössischen akademischen Welt zusammen. Vielerorts wird die akademische Freiheit so stark missbraucht, dass neue Standards erforderlich sind.

In der Vergangenheit lautte das vorherrschende Konzept, akademische Freiheit fördere Wissen und bringe dadurch die Wissenschaft voran. Heutzutage kann man zum Beispiel einige Universitäten näher unter die Lupe nehmen, an denen der palästinensisch-israelische Konflikt gelehrt wird. Man kann die Literaturlisten prüfen, die den Studenten vorgesetzt wird und die Aussagen der Lehrer in den Vorlesungen notieren. In den Vereinigten Staaten könnte man mit den Campussen der University of California beginnen, die aufgrund zahlreicher Vorfälle von Antisemitismus und Antiisraelismus einen besonders schlechten Ruf haben.

Wahrscheinlich stellt man dann fest, dass das sogenannte Wissen, das über den Nahen Osten vermittelt wird, Propaganda beinhaltet und manchmal sogar mit Hass gemischt ist. Dies spiegelt eine noch größere Realität. Dann versteht man, dass die akademische Welt nicht vollständig selbstverwaltet sein kann, obwohl sie Zähnen und Klauen um die Beibehaltung ihrer Privilegien kämpfen wird. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass die Haltung gegenüber Israel in einigen Ländern zu einem Sensor dafür geworden ist, was mit der akademischen Welt im Allgemeinen nicht stimmt.

Jahrzehnte zuvor

Bereits vor fast fünfzig Jahren hat es an Universitäten Manifestationen von Antiisraelismus gegeben. So griffen linke Studenten 1969 Asher ben Nathan, Israels ersten Botschafter in Deutschland, verbal an. Er wurde vom linken Bündnis an der Frankfurter Universität niedergeschrien – ein Vorzeichen für das, was viele Jahre später geschehen würde. Die damaligen Aggressoren waren eine Mischung aus Deutschen, Palästinensern und Israelis. Als Ben Nathan 1969 in München sprach, stand auf einem Poster im Auditorium zu lesen: „Erst wenn in 50 Supermärkten in Israel Bomben explodieren, wird es Frieden geben. “[10]

Jahre später sprach der Vizekanzler der Hebräischen Universität bei einer Tagung der Universität Kiel. Vor seiner Ankunft verteilte eine linke Gruppe ein Flugblatt mit dem Slogan „Schlagt Zionisten tot, macht den Nahen Osten rot! “[11]

Auch an britischen Universitäten gab es vor Jahrzehnten große antizionistische Aktivitäten. Wistrich sagt:

In den 1970er Jahren ….. habe ich am University College London promoviert. Der Campuskrieg hatte sich erhitzt und lief 1975 nach der UN-Resolution „Zionismus ist Rassismus“ auf Hochtouren. Es gab Bemühungen, alle jüdischen Vereinigungen auf britischen Campussen zu verbieten, die nur durch eine militante und entschlossene Kampagne stoppt warden konnte. Die Zeit war noch nicht reif für den unverhohlenen Antisemitismus, wie wir ihn heute in Großbritannien und einem Großteil Europas erleben, aber er brodelte bereits unter der Oberfläche.[12]

Das gegenwärtige Jahrhundert

Im 21. Jahrhundert entwickelte sich an vielen Orten eine Großkampagne gegen israelische Universitäten. In Großbritannien wurde sie von zwei britischen Professoren initiiert, von Steven Rose (der Jude ist) und seiner Frau Hillary. Im April 2002 erschien im Guardian ein offener Brief, unterzeichnet von Gelehrten aus verschiedenen Ländern. Er forderte ein Moratorium für alle kulturellen Beziehungen zu Israel auf nationaler und europäischer Ebene, bis die israelische Regierung die UN-Resolutionen einhält und „ernsthafte“ Friedensverhandlungen mit den Palästinensern aufnimmt.[13]

Seither wurden in mehreren westlichen Ländern Versuche unternommen, Israel, seine akademischen Einrichtungen und seine Wissenschaftler zu diskriminieren. Diese Initiativen haben sich in den letzten Jahren vervielfacht, machen häufig von antisemitischen Motiven Gebrauch und umfassen manchmal auch gewalttätige antisemitische Handlungen. Obwohl sich die Aktionen auf den Campussen aus vielen Lagern zusammensetzen, entstammen die Aggressoren hauptsächlich zwei spezifischen Segmenten der akademischen Welt: der extremen Linken und den Muslimen.

Es ist oft schwierig, sich einen klaren Überblick über breitgefächerte Phänomene mit vielen Facetten zu verschaffen. Akademische Maßnahmen gegen Israel gibt es in vielen Ländern, von denen jedes seine eigenen Besonderheiten in Bezug auf Funktion und Organisation der dortigen akademischen Welt aufweist. Der Prozess der Diffamierung und Verteufelung Israels hat viele Aspekte, ebenso wie die Reaktionen der Universitätsverwaltungen, von Dozenten, Studenten und nicht-akademischen Gremien und Einzelpersonen darauf.[14]

Das Portfolio antiisraelischer Aktivitäten

Antiisraelische und antisemitische Aktivitäten in der akademischen Welt finden in Form von einseitigen Vorlesungen, Initiativen zur Abstoßung israelischer Wertpapiere, Diskriminierung von Juden, die sich mit Israel identifizieren und manchmal auch in Form von klassisch- antisemitischen Handlungen statt, Anträgen zum Abbau von Beziehungen zu israelischen Universitäten und zu deren Boykott, zur Ächtung israelischer Wissenschaftler, zur Verweigerung der Prüfung oder Veröffentlichung israelischer wissenschaftlicher Papiere, zur Behinderung der Karriere proisraelischer Wissenschaftler und so weiter. Einige dieser Kampagnen haben stark antisemitische Motive. Viele Aktionen werden von Hochschullehrern initiiert.

Solche Initiativen gibt es an einigen Campussen bestimmter Länder immer wieder – zu den wichtigsten gehören Großbritannien, Kanada und die Vereinigten Staaten. Antiisraelische Pädagogen verbünden sich oft weltweit innerhalb bestimmter Disziplinen, darunter Nahoststudien und Linguistik.[15]

Es gibt auch akademische Hass-Schönfärber. In Schweden zum Beispiel wurde Ahmed Rami, der Mann hinter Radio Islam, wegen Hassverbrechen verurteilt – und zwar wegen des antisemitischen Inhalts seiner Sendungen aus dem Jahr 1989 und seiner Aussagen vor einem Berufungsgericht. Dennoch unterstützten ihn einflussreiche Journalisten und Politiker und leugneten oder entschuldigten sogar seinen Antisemitismus.[16] Jan Bergman, Theologieprofessor an der Universität Uppsala, sagte zugunsten von Rami aus und behauptete unter anderem, es sei tatsächlich eine religiöse Pflicht für Juden, Nichtjuden zu töten.[17]

Extreme Beispiele

Es gibt viele extreme Beispiele für den Israelhass, der von Akademikern in mehreren Ländern gefördert wird. In Italien wird der Holocaustgedenktag am 27. Januar von linken Akademikern oft für antiisraelische Hetze missbraucht.

Der italienische Journalist Angelo Pezzana sagt:

Die Festlegung des 27. Januar als Gedenktag hat ihn zu einem nationalen Ereignis gemacht, bei dem jeder seine Meinung äußern kann, egal wie negativ. Und es geschieht vor allem an Schulen, dass negative Meinungen geäußert werden. Es finden Zusammenkünfte hunderter Studenten statt, zu denen linksextreme Professoren eingeladen werden. Diese stellen die Shoah verzerrt dar. Anschließend entbrennt eine öffentliche Debatte, die die Nazi-Verbrechen in der Regel auf eine Stufe mit der israelischen Politik stellt.

Diese Hassprediger sind verbal so heftig, dass Gemäßigte ihre Meinung nicht äußern können. Ich habe an einigen solcher Treffen teilgenommen. Die schreckliche Vergangenheit wurde schnell außer Acht gelassen, um lieber dem Hass auf Israel Ausdruck zu geben. Der am häufigsten wiederholte Satz war: „Israel tut den Palästinensern das an, was die Nazis den Juden angetan haben“.[18]

In einem Essay aus dem Jahr 2007 stellte Alan Goldschläger fest, dass kanadische „Universitäten keine Einwände haben, wenn die Rechtmäßigkeit der Existenz des jüdischen Staates abgelehnt wird, wie dies bei Veranstaltungen der Israel Apartheid Week 2006 auf den Campussen in Toronto, Kitchener, Waterloo und Montreal der Fall war.“[19]

Goldschläger zitierte auch eine E-Mail von Michael Neumann, einem jüdischen Philosophieprofessor an der Trent University in Ontario, der schrieb, ihm ginge es nur darum, „den Palästinensern zu helfen“. Weiter schrieb Neumann:

Ich bin nicht an Wahrheit, Gerechtigkeit, Verstehen oder irgendetwas anderem interessiert, außer soweit es diesem Zweck dient….. Wenn eine effektive Strategie bedeutet, dass einige Wahrheiten über die Juden nicht ans Licht kommen, ist mir das egal. Wenn eine effektive Strategie die Förderung eines im Rahmen befindlichen Antisemitismus oder einer im Rahmen befindlichen Feindseligkeit gegenüber Juden bedeutet, ist mir auch das egal. Wenn es bedeutet, aggressiven rassistischen Antisemitismus oder die Zerstörung des Staates Israel zu fördern, ist mir das immer noch egal.[20]

Es war ein eklatantes Beispiel dafür, wie trügerisch das Konzept der akademischen Freiheit geworden ist.

Die medizinische Fachzeitschrift The Lancet gab einer Reihe antiisraelischer Hetzer während Operation Fels in der Brandung eine Plattform. Sie veröffentlichte einen Brief von Ärzten, u. a. von Mads Gilbert, die behaupteten, Israel habe einen falschen Ausnahmezustand geschaffen, um „ein Massaker“ am Volk des Gazastreifens, insbesondere an Zivilisten, zu „maskieren“. Darüber hinaus beschuldigten sie israelische Akademiker der Komplizenschaft an dem Massaker, weil nur 5 Prozent der israelischen Akademiker einen Appell an die israelische Regierung unterzeichneten, die Militäroperationen in Gaza einzustellen.[21] Die Gräueltaten der Hamas verschwieg der Brief.

Gewalt

Was Gewaltandrohungen betrifft, so wurden im Februar 2009 jüdische Studenten der York University in Toronto – die als ein Zentrum des Campus-Antisemitismus einen immer schlechteren Ruf erlangt – gezwungen, ins Hillel-Büro zu fliehen, nachdem sie an einer Pressekonferenz teilgenommen hatten. Antiisraelische Demonstranten hämmerten an die Türen und riefen „Stirb, Schlampe, geh zurück nach Israel“ und „Stirb, Jude, verlass verdammt nochmal den Campus“.[22]

Einige Monate später fand an der gleichen Universität eine antiisraelische Propagandakonferenz mit dem Titel „Models of Statehood in Israel/Palestine“[23] statt. Die Redner verteufelten Israel. Dr. Na’ama Carmi aus Israel, die eine Rede hielt, sagte, dass „jeder, der ein Gegengewicht zur palästinensischen Perspektive bot, eingeschüchtert oder sogar als Rassist bezeichnet wurde. Manchmal wurden diejenigen, die eine andere Meinung vertraten, sogar beleidigt und ausgelacht.“ Sie fügte hinzu: „Nie zuvor in meiner gesamten akademischen Laufbahn bin ich einem solchen Ausmaß an Pöbelei begegnet wie auf dieser Konferenz. “[24] Dies ist nur ein Beispiel der akademischen Welt als verzerrtem Spielfeld im Kampf der Ideen oder weniger politisch korrekt: die akademische Welt als aktive Förderer des Hasses.

An der University of Toronto wurde 2005 offen die Unterstützung von Terrorismus gelebt. Der ehemalige Schüler Avi Weinryb erzählt: „Ein künstliches Flüchtlingslager, das im Foyer in der Sydney Smith Halle errichtet wurde, war mit arabischen Plakaten geschmückt, auf denen die Lagerbewohner aufgefordert wurden, die Terrorgruppe Islamischer Dschihad zu unterstützen oder sich ihr anzuschließen. Diese Gruppierung war von der kanadischen Regierung im November 2002 verboten worden. “[25] An der gleichen Universität kam es 2002 zu offenem Anstiftung zu Mord. Wie bereits erwähnt, hielt Ted Honderich, ein in Kanada geborener Philosophieprofessor am University College London, einen Vortrag an der University of Toronto. Darin sagte er, die Palästinenser hätten das moralische Recht, Juden in die Luft zu jagen, und er ermutigte sie hierzu sogar.[26]

Einmal wurde auch die Concordia University in Montreal im Ausland für einen Vorfall körperlicher Gewalt gegen Juden auf dem Campus bekannt. Im September 2002 war der damals ehemalige israelische Premierminister Benjamin Netanyahu als Redner vorgesehen, aber die Veranstaltung musste abgesagt werden.[27]

Empfehlungen des CPCCA-Untersuchungsgremiums

Das Untersuchungsgremium der Koalition des kanadischen Parlaments zur Bekämpfung von Antisemitismus (CPCCA) widmete sich intensiv dem Antisemitismus und Antiisraelismus auf Campussen, da es dies als ein großes Problem ansah. Die Schlussfolgerung dieses Gremiums lautete:

Die Universitäten tragen die Verantwortung für die Wahrung der Rechte auf freie und kritische akademische Fragestellung und auf freie politische Meinungsäußerung, die seit langem Bestandteil der Hochschulerfahrung sind. Das Untersuchungsgremium erkennt an, dass die Universitäten damit dem größeren Gemeinwohl dienen, indem sie neue Ideen und Theorien über die Welt um uns herum einbringen. Das Untersuchungsgremium kommt jedoch auch zu dem Schluss, dass diese Rechte mit der Verantwortung in Einklang gebracht werden müssen, die akademische Strenge in Forschung und Lehre zu gewährleisten sowie mit der Schaffung einer Lernumgebung, in der sich alle Studierenden sicher und akzeptiert fühlen und sich auf ihr Studium konzentrieren können.[28]

Das Gremium gab folgende Empfehlungen für Universitäten:

  • In erster Linie die Sicherheit der Schüler schützen, indem sie strenge Verhaltenskodizes der Schüler festlegen und einfordern, die unter anderem akademische (oder rechtliche) Strafen für die Belästigung anderer vorsehen. Sie müssen auch sicherstellen, dass angemessene Sicherheits- und Polizeikräfte Ereignisse überwachen dürfen, bei denen es zu Gewaltausbrüchen kommen kann.
  • Auslobung bestimmter „Studentenräume“ als Zufluchtsorte auf dem Campus.
  • Schutz des für alle Studenten gleichen Rechts auf freie Meinungsäußerung, indem dieselben Standards für pro- und antiisraelische Veranstaltungen gelten und der akademische Diskurs auf dem Campus gefördert wird.
  • Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Verantwortung als Akademiker, indem Diskurse, Ereignisse und Reden verurteilt werden, die unwahr, schädlich oder nicht im Interesse des akademischen Diskurses sind, einschließlich der Israeli Apartheid Week.
  • Wir empfehlen, dass Studentenwerke im Interesse der größeren Campusgemeinschaft handeln.
  • Wir empfehlen der Regierung und/oder dem Untersuchungsgremium, die Unterstützung von Konferenzen und ähnlichen Initiativen oder die Abfassung von Grundsatzerklärungen zur Bekämpfung von Hass auf Campussen in Betracht zu ziehen.
  • Wir empfehlen der Regierung und/oder dem Untersuchungsgremium mit den kanadischen Provinzen zusammenzuarbeiten, um deren Verwaltungen bei der Entwicklung geeigneter Instrumente und Strukturen zu helfen, um mit diesem Problem effektiv und prinzipientreu umzugehen.
  • Wir empfehlen den Studenten, dass sie die Option haben, studentenwerksfremden Organisationen zu verlassen, die parteiische Haltungen vertreten.
  • Weiter empfehlen wir, wenn Studiengebühren automatisch an Campus-Organisationen weitergeleitet werden, dass Studenten die Möglichkeit haben, diese Gebühren online und noch vor der Leistung der Zahlung abzulehnen und nicht auf persönlichem Wege sowie als Rückerstattung.
  • Wir empfehlen den Universitätsverwaltungen, Programme zu unterstützen, die den akademischen Diskurs über strittige Themen fördern wollen und Programme zu fördern, die auf echten Dialog abzielen.
  • Wir empfehlen, die Professoren für die wissenschaftliche Exaktheit ihrer Aussagen in Verantwortung zu nehmen.[29]

Norwegen

Im Frühjahr 2009 forderte eine Gruppe Dozenten der Norwegischen Universität für Naturwissenschaften und Technik (NTNU) in Trondheim einen akademischen Boykott Israels.[30] An der gleichen Universität hatte die Studentenorganisation SIT, deren Mitgliedschaft obligatorisch ist, im April 2005 einen fast einjährigen Boykott Israels erklärt.[31] Nach dem Boykottaufruf von 2009 begann die NTNU ein Seminar über den Nahen Osten.

Das Seminar bestand aus sechs Vorträgen im Verlauf mehrerer Monate. Drei wurden von prominenten Antiisraelis gehalten: dem israelischen Extremisten Ilan Pappe und Moshe Zuckerman sowie dem amerikanischen Wissenschaftler Stephen Walt. Die anderen drei Vorträge wurden von norwegischen antiisraelischen Wissenschaftlern gehalten. Alle Hauptorganisatoren der Vortragsreihe hatten einen Aufruf zu einem akademischen Boykott Israels unterzeichnet.

Aus internationaler Sicht war es ein neues Element antiisraelischen Hasses, dass die Vortragsreihe von Universitätsrektor Torbjørn Digernes finanziell unterstützt wurde. Nie zuvor hatte das oberste Management einer westlichen Universität eine Reihe von antiisraelischen Propagandavorträgen unterstützt. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Norwegen an vorderster Front der Hassförderung steht.

Leslie Wagner, die Universitäten in Großbritannien geleitet hat, schrieb auf Digernes‘ Blog:

Sehr geehrter Herr Rektor, ich schreibe Ihnen als ehemalige Vizekanzlerin (Rektorin) zweier britischer Universitäten. Dass Universitäten einseitige Zusammenkünfte, Vorträge und Debatten haben, ist bedauerlich, aber nicht neu. Aber dass solche Aktivitäten unter der Schirmherrschaft eines Rektors stattfinden, ist nach meiner Erfahrung beispiellos. Wir müssen davon ausgehen, dass Sie den klar voreingenommenen Charakter dieser Debatte unterstützen. Dadurch beschmutzen Sie den Namen Ihrer Universität und deren Ansehen hinsichtlich wissenschaftlicher Objektivität. Die internationale akademische Gemeinschaft ist sich Ihrer Aktivitäten bewusst und sieht aufmerksam zu. Ich habe erfahren, dass weitere antiisraelische Aktionen erwogen werden und ich bitte Sie sehr sorgfältig darüber nachzudenken, bevor Sie den internationalen Ruf, den Trondheim derzeit genießt, vollständig zunichte machen.[32]

Während der Vortragsreihe beschloss der NTNU-Vorstand, über einen ihm vorgelegten Antrag für den Boykott israelischer akademischer Kreise zu diskutieren. Dieser Antrag wurde von führenden akademischen und anderen Einrichtungen im Ausland verurteilt. Später erschienen in führenden norwegischen Zeitungen Artikel, die sich gegen den Boykott aussprachen. Angesichts dieses Drucks hat sich die norwegische Regierung gegen den Boykott ausgesprochen, woraufhin der Vorstand einstimmig gegen den Antrag stimmte.[33]

Voreingenommene Lehre

In mehreren akademischen Bereichen wird stark antiisraelisch verzerrt gelehrt. Ein Beispiel dafür ist das Fach Nahoststudien in den Vereinigten Staaten. Der Bereich der palästinensischen Studien hat sich überproportional zu seiner akademischen Relevanz entwickelt. Dank der Voreingenommenheit der Akademiker gibt es Tabuthemen, die im Rahmen der Nahoststudien nie behandelt werden, darunter sowohl palästinensischer Terrorismus als auch der von Al-Kaida. Martin Kramer, damals am Moshe Dayan Center for Middle Eastern and African Studies an der Universität Tel Aviv, spielte eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung von Verzerrungen in der amerikanischen Nahostforschung. Die Tragödie akademischer Kreise sei, dass sie zur Heimat Unzähliger geworden ist, deren Mission es ist, die Lüge „Zionismus ist Kolonialismus“ zu beweisen. Es wird geforscht, es werden Bücher geschrieben und es werden Vorträge gehalten, um diese Lüge zu untermauern.[34]

In seinem Buch Ivory Towers on Sand aus dem Jahr 2001 kam Kramer zu dem Schluss, dass amerikanische akademische Zentren im Bereich Nahoststudien seit den 1980er Jahren regelrechte Lügenfabriken waren.[35] Gelehrte in diesem Bereich waren so voreingenommen, dass sie es versäumten, alle wichtigen Entwicklungen im Nahen Osten zu analysieren oder vorherzusagen. Er wies darauf hin, dass, hätte man sich nur auf die Analysen dieser Akademiker verlassen, man weder die Entstehung von Al-Qaida noch die Möglichkeit eines Ereignisses wie dem 11. September vorausgesehen hätte. Kramer bezeichnete die Situation angesichts der beträchtlichen Finanzmittel, die der Disziplin durch die US-Regierung zufließen, als noch gravierender.[36]

Amerikanische Boykotte

Im Jahr 2013 beschlossen drei amerikanische Lehrerverbände die Beziehungen zu israelischen akademischen Institutionen zu beenden. Einer von ihnen war die American Studies Association (ASA). Zwar stimmte die ASA im Dezember 2013 für den Boykott Israels, aber der Antrag wurde von weniger als einem Viertel ihrer Mitglieder unterstützt. Die Organisation teilte mit, dass 1.252 ihrer rund 5.000 Mitglieder elektronisch abgestimmt hätten, eine Teilnahmequote, die sie als Allzeithoch bezeichnete. Sechsundsechzig Prozent der Abstimmenden befürworteten den Boykott.[37] Die Aktion rief viele Reaktionen hervor, darunter ein Schreiben der israelischen Organisation Shurat Hadin, die mit rechtlichen Schritten drohte.[38]

Dem ASA-Boykott ging der der Association for Asian-American Studies (AAAS) vom Mai 2013 voraus. Nur 10 Prozent der AAAS-Mitglieder waren bei der Abstimmung anwesend, aber der Protest war im Vergleich zum ASA-Boykott minimal. Unter Vorbringung einer falschen moralischen Gleichsetzung Israels mit dem Südafrika der Apartheidzeit sagte die AAAS, amerikanische zivilgesellschaftliche Organisationen müssten Israel boykottieren, weil die Vereinigten Staaten weiterhin „illegale Handlungen Israels in Bezug auf das Recht der Palästinenser auf Bildung“ ignorierten, ohne dass dafür konkrete Beispiele genannt wurden.[39]

In einem offenen Brief vom 15. Dezember 2013 kündigte die Native American and Indigenous Studies Association (NAISA) ebenfalls einen Boykott Israels an. Wie die ASA und die AAAS erklärte auch die NAISA, dass sie israelische akademische Institutionen boykottieren werde. Ihr offener Brief zog falsche Parallelen zwischen der Diskriminierung der Palästinenser durch Israel und dem historischen Schicksal der Indianer.[40]

Die AMCHA-Initiative

Eine der aktivsten Kämpferinnen gegen den akademischen Boykott Israels ist Tammi Rossman-Benjamin, eine Hebräisch-Dozentin an der University of California in Santa Cruz. Sie war Mitbegründerin der AMCHA-Initiative.

AMCHA hat verstanden, dass ein erster Schritt zur Bekämpfung der Antiisraelis auf dem Campus darin besteht, ihre Namen zusammenzustellen. Im September 2014 veröffentlichte AMCHA eine Liste von 218 Professoren, die sich als Nahost-Forscher sehen und den akademischen Boykott Israels fordern.

Gleichermaßen erklärte die emeritierte Professorin Leila Beckwith von der University of California in Los Angeles, wie schädlich Professoren, die sich an Boykotten beteiligen, für die akademische Freiheit sind:

Es ist schlimm genug, dass diese Professoren sich als voreingenommen gegenüber einem, wirklich nur einem einzigen, Land im Nahen Osten erwiesen haben. Noch beunruhigender ist jedoch die Tatsache, dass viele dieser offensichtlich voreingenommenen Boykotteure Israels mit staatlich designierten, vom Steuerzahler finanzierten National Resource Centers (NRC) auf ihrem Campus verbunden sind. NRC-Mitglieder, die Israel öffentlich verunglimpfen und sich weigern, „an Projekten und Veranstaltungen mit israelischen Institutionen zusammenzuarbeiten“, verstoßen ganz offenkundig gegen Sinn und Buchstabe des Bundesgesetzes, das ihre Lehrtätigkeit und Forschung finanziert.[41]

Israel und Juden als Sensoren für akademischen Verfall

Sowohl Israel als auch die Juden können in vielerlei Hinsicht als Sensoren für den moralischen und beruflichen Verfall dienen. Ein Ort, an dem das besonders deutlich wird, ist die akademische Welt. Beispiele gibt es viele. Im Rahmen der akademischen Freiheit kann jede Absurdität (inklusive Verschwörungstheorien) von scheinbar seriösen Gelehrten verkündet werden.

Einige Bemerkungen des norwegischen Gelehrten Johan Galtung veranschaulichen dies. Galtung gilt als einer der Gründer einer Disziplin namens „Friedensforschung und Konfliktbewältigung“. Er gründete zudem das internationale Friedensinstitut in Oslo.

Nach den Breivik-Morden im Jahr 2011 behauptete Galtung, es gebe einen möglichen Zusammenhang zwischen Breivik und dem israelischen Mossad. Er sagte: „Ich halte eine Verbindung zum Mossad für höchst unwahrscheinlich, aber trotzdem ist es unzulässig, das einfach als unbeweisbare Hypothese abzutun. “ Im Sinne eines solch absurden Ansatzes könnte man auch eine mögliche Verbindung zwischen dem eigenen Institut von Galtung und dem Massenmörder Breivik oder der norwegischen Regierung und Breivik geltend machen, da es keine gegenteiligen Beweise gibt.

Galtung, ein Teilzeit-Antisemit, behauptete, der Mörder habe Verbindungen zur Freimaurerorganisation, die jüdischen Ursprungs sei. Bei anderen Gelegenheiten sagte er, einer der Faktoren hinter dem Antisemitismus, der letztlich in Auschwitz mündete, sei, dass Juden Einfluss auf die deutsche Gesellschaft gehabt hätten. Ebenso könnte man behaupten, dass der weitaus größere Einfluss der Gewerkschaften in Norwegen zur Eliminierung von Gewerkschaftsmitgliedern führen könnte.

Galtung führte zudem eine Diskussion über die Protokolle der Weisen von Zion, die wohl bekannteste antisemitische Fälschung. Er sagt: „Es ist schwer zu glauben, dass die russische Geheimpolizei in der Lage war, so konkret zu sein. “ In Korrespondenz mit Haaretz hat er später seine Bemerkungen abgeschwächt und geschrieben: „Ich weiß nicht genau, wer die Protokolle geschrieben hat“.[42]

Der Autor des vorliegenden Buches hat eine weitaus detailliertere Analyse von Antisemitismus und Antisraelismus auf Campussen in dem Buch Academics against Israel and the Jews vorgelegt.[43]

Fußnoten

[1] Tammi Rossman-Benjamin: Anti-Zionism and the Abuse of Academic Freedom: A Case Study at the University of California. Santa Cruz, Post-Holocaust and Anti-Semitism, 77, 1. Februar 2009.

[2] Manfred Gerstenfeld: 2007-2008: Another Year of Global Academic Anti-Semitism and Anti-Israelism. Post-Holocaust and Anti-Semitism, 73, 1. Oktober 2008.

[3] Manfred Gerstenfeld: Recent Developments on the Academic Boycott: A Case Study. Post-Holocaust and Anti-Semitism, 61, 1. Oktober 2007.

[4] Manfred Gerstenfeld: How to Fight Anti-Israeli Campaigns on Campus. Post-Holocaust and Anti-Semitism, 51, 1. Dezember 2006.

[5] Ronnie Fraser: The Academic Boycott of Israel: Why Britain? Post-Holocaust and Anti-Semitism, 36, 1. September 2005.

[6] Yves Pallade: New Anti-Semitism in Contemporary German Academia. Jewish Political Studies Review 21, 1-2 (Frühjahr 2009), S. 33-62.

[7] Avi Weinryb: The University of Toronto: The Institution where Israel Apartheid Week was Born. Jewish Political Studies Review 20, 3-4 (Herbst 2008), S. 107-117.

[8] Alain Goldschläger: The Canadian Campus Scene. In: Manfred Gerstenfeld (Hg): Academics against Israel and the Jews. Jerusalem (Jerusalem Center for Public Affairs) 2007.

[9] Corinne Berzon: Anti-Israeli Activity at Concordia University 2000-2003. In: Manfred Gerstenfeld: Academics against Israel and the Jews. Jerusalem (Jerusalem Center for Public Affairs) 2007.

[10] Wolfgang Kraushaar: Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus. Hamburg (Hamburger Edition HIS) 2005, S. 86-104.

[11] Gerd Langguth: Anti-Israel Extremism in West Germany. In: Robert Wistrich (Hg.):The Left against Zion: Communism, Israel and the Middle East. London (Vallentine Mitchell) 1979, S. 257.

[12] Manfred Gerstenfeld, Interview mit Robert Wistrich: Anti-Semitism Embedded in British Culture. Post-Holocaust and Anti-Semitism, 70, 1. Juli 2008.

[13] Protest against Call for European Boycott of Academic and Cultural Ties with Israel. originale Pressemitteilung, The Guardian, 6. April 2002.

[14] Manfred Gerstenfeld: Academics against Israel and the Jews. Jerusalem (Jerusalem Center for Public Affairs) 2007).

[15] ebenda. Die zweite Ausgabe kann kostenlos gelesen werden unter: http://jcpa.org/book/academics- against-israel-and-the-jews.

[16] Siehe z. B. Dennis Zachrisson: FiB-Kulturfront, 16, 1988; Claes-Adam Wachtmeister, Expressen, 26. September 1990; Sven Öste, Dagens Nyheter, 23. September 1990.

[17] Per Ahlmark: Vänstern och tyranniet: Det galna kvartseeklet. Stockholm (Timbro) 1994, S. 24.

[18] Manfred Gerstenfeld, Interview mit Angelo Pezzana: Anti-Israeli Italians Abuse Holocaust Memory. In: Demonizing Israel and the Jews. New York (RVP Press) 2013, S. 107-109.

[19] Goldschläger: Canadian Campus Scene. S. 154.

[20] ebenda, S. 156-157 (Quelle: wie in den Archiven der League for Human Rights of B’nai Brith Canada dokumentiert).

[21] Paola Manduca et.al.: An open letter for the people in Gaza. The Lancet, 2. August 2014.

[22] Tori Cheifetz: Jewish Students ‘Held Hostage’ in Toronto Hillel. TheJerusalem Post, 15. Februar 2009.

[23] Modelle der Eigenstaatlichkeit in Israel/Palästina

[24] Na’ama Carmi: Middle East Conference Anything but Academic. Toronto Star, 30. Juni 2009.

[25] Weinryb: University of Toronto, S. 113.

[26] Jonathan Kay: Hating Israel Is Part of Campus Culture. National Post, 25. September 2002.

[27] S. Corinne Berzon: Anti-Israeli Activity at Concordia University 2000-2003. In: Manfred Gerstenfeld: Academics against Israel and the Jews. Jerusalem (Jerusalem Center for Public Affairs) 200), S. 163-173.

[28] Bericht des Untersuchungsgremiums der Koalition des kanadischen Parlaments zur Bekämpfung von Antisemitismus, 7. Juli 2011, S. 60.

[29] Ebenda, S. 61-62.

[30] akademiskboikott.no/opprop-mainmenu-34/14-oppropet/54

[31] Yael Beck, privater Austausch.

[32] Zitiert in: Manfred Gerstenfeld: Antisemittismen I Norge. Bergen (Norge IDAG) 2010, S. 14

[33] Cnaan Lipshiz: Norway University Rebuffs Motion for Israel Boycott. Haaretz, 13. November 2009.

[34] Martin Kramer: Is Zionism Colonialism? The Root Lie. Post-Holocaust and Anti-Semitism, 35, 1. August 2005.

[35] Martin Kramer: Ivory Towers on Sand: The Failure of Middle Eastern Studies in America. Washington, DC (Washington Institute for Near East Policy) 2001.

[36] martinkramer.org

[37] Yarden Skop: U.S. academic group votes to boycott Israel. Haaretz, 16. Dezember 2013.

[38] Yonah Jeremy Bob: NGO threatens to sue US academic boycott group which boycotts Israel. The Jerusalem Post, 9. Januar 2014.

[39] Mary Yu Danico: Official Statement Regarding the Resolution. Association for Asian American Studies, 3. Mai 2013.

[40] Council of the Native American and Indigenous Studies Association: Declaration of Support for the Boycott of Israeli Academic Institutions. NAISA, 15. Dezember 2013.

[41] AMCHA Posts List of Anti-Israel Professors. AMCHA Initiative, 3. September 2014.

[42] Ofer Aderet: Pioneer of global peace studies hints at link between Norway massacre and Mossad. Haaretz, 30. April 2012.

[43] Manfred Gerstenfeld: Academics against Israel and the Jews. Jerusalem (Jerusalem Center for Public Affairs) 2007.