Bildungsrepublik Deutschland

Heute brachten die Kinder einen Brief aus der (Grund-)Schule der Schulleitung mit nach Hause:

Liebe Eltern,
heute erhielt ich vom Fachbereich Schulen die Nachricht, dass aufgrund von Einsparungen der Hausmeisterstellen, diese nicht mehr in der Lage sind, die Einrichtungen der Klassen mit entsprechenden Schulmöbeln vorzunehmen.
Die Stadt empfiehlt, für diese Arbeiten Elternhilfe zu erbitten. Beim Räumen sind die Eltern über die Schule versichert.
Es wäre schön, wenn sich einige Väter bereit erklären würden, Regale, Tische und Stühle von einer Klasse in die andere zu tragen. Ein genauer Plan dazu liegt vor….

Die Kontaktaufnahme mit der Schulleitung ergab: Die Stadt hat sieben Hausmeisterstellen „eingespart“, so dass die Hausmeister der Schulen sich nicht mehr gegenseitig „beim Räumen“ unterstützen können. Toll. Gestrichen haben wir schon selbst, aber wenn vom Lehrkörper mal einer einen Nagel in die Wand schlägt, um ein Bild oder etwas anderes aufzuhängen, tobt der Hausmeister im Auftrag des Fachbereichs, dass das nicht geht. Für’s Möbelschleppen sollen die Eltern aber wieder ran – das ist ja eine angeleitete Tätigkeit, die vom Hausmeister beaufsichtigt wird. Ein Teppich im Sitzkreis (so denn Platz dafür im Klassenraum ist) muss vom Lehrpersonal selbst gesaugt werden. Das Putzpersonal ist dafür nicht vorgesehen – es dauert zu lange.

So sieht also die Realität vor Bildungsort aus. Man merkt: Was in der Schule los ist und wie sie funktioniert, kann nicht nur an Landesbildungspolitik und Lehrpersonal liegen.

Apropos Lehrpersonal: Die Schule ist mit gut zwei Stellen unterbesetzt (obwohl die Schulaufsicht die nicht als Lehrerin ausgebildete Sozialpädagogin gerne als volle Stelle mitzählt). Zum neuen Schuljahr soll eine weitere Lehrerin (oder ein Lehrer) auf Vertretungsbasis eingestellt werden, um die Klassenbildung zu gewährleisten. Bewerbungen gab es eigentlich genug – nur wurde lediglich eine 18-Stunden-Stelle ausgeschrieben; die Bewerber möchten lieber eine volle Stelle (28 Wochen-Unterrichtsstunden) und entscheiden sich natürlich für Stellenangebote mit entsprechender Stundenzahl. Bisher konnte niemand eingestellt werden. Im letzten Jahr war das auch schon so. Und dann wurde zu Schuljahresbeginn doch eine – „ungelernte“ – Kraft eingestellt, mit 28 Stunden (die dann den Bereich Kunst abdeckte und haufenweise Förderunterricht gab, zum Glück recht kompetent, ohne eine entsprechende Ausbildung zu haben).

Schulpolitik auf kommunaler/regionaler Ebene vom Feinsten.

Regional sieht’s auch Klasse aus. Schulleiterstellen an kleinen Schulen sind unattraktiv. Deshalb gibt es reichlich Schulen ohne Schulleitung, die von anderen („Nachbar“-)Schulleitungen mit geführt werden müssen. Um dem entgegenzuwirken hat die Landesregierung die Möglichkeit geschaffen Schulverbünde zu gründen, bei denen zwei Schulen eine (gemeinsame) Schulleitung haben und die Kollegien sich gegenseitig personell unterstützen können, ohne dass die Schulen zusammengelegt werden, Konferenzen gemeinsam stattfinden und ähnliches. Das hat sich die CDU mit der FDP ausgedacht.

Die SPD und die Grünen wollen aber offensichtlich nach Möglichkeit Sand ins Getriebe streuen, um dieser Maßnahme den Garaus zu machen. Und so wurde im Städtetag (SPD-beherrscht) festgelegt, dass eine katholische Schule in einem solchen Verbund nicht „Stammschule“ sein kann. Was im konkreten Fall u.a. bedeutet, dass die jetzige, für beide Schulen zuständige Schulleitung, diesen Posten nicht wird übernehmen können, sollten die Schulen einen Verbund eingehen (außer sie bewirbt sich erneut gegen einen Trupp weiterer potenzieller Schulleiter, die sich die Finger nach einer attraktiv vergüteten Stelle lecken). Da der Beschluss zum Verbund in den Schulkonferenzen getroffen werden muss, kann man sich vorstellen, was die Schulkonferenz der katholischen Schule von einem solchen Verbund hält – überall ist man mit der jetzigen Schulleitung sehr zufrieden, das soll nicht gefährdet werden. Also wird der Zustand weiter der sein, dass die Schulleitung dazu verdonnert ist beide Schulen völlig unabhängig von einander leiten zu müssen.

Frau Merkel hat heute etwas davon gesagt wie: „Die Bundesrepublik muss Bildungsrepublik Deutschland werden.“ Da muss aber mehr geschehen, als dass Lehrpläne statt in 13 in 12 Jahren erfüllt werden. Und vor allem muss das auch „unten“ ankommen. Wobei „unten“ die Schulträger und die regionale Politik sind, die nicht nur mit „Einsparungen“ in die Zukunft „investieren“ dürfen!