Gut, dass er nicht da war – und noch ein paar Peinlichkeiten

Viele haben bedauert bis geschimpft, dass Barack Hussein Obama, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, nicht zu den Feiern zum Fall der Berliner Mauer gekommen ist. Ehrlich gesagt: Ich finde gut, dass er nicht da war.

Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Das mediale und veröffentlichte Deutschland leugnet die entscheidende Rolle der USA beim Wandel im Osten, der das Erstarken der Opposition in der DDR und später die Vereinigung erst möglich machte. Es passt, dass gerade, als ich dies schreibe und nebenher die Feierlichkeiten in der ARD verfolge, seitens der Moderation an einen Satz Ronald Reagans erinnert wird, den Herr Pleitgen gar nicht gut findet (dummerweise – oder zum Glück? – beginnt Herr Wowereit gerade seine Rede und die miese Nummer ist damit unterbrochen; vielleicht greifen sie es nicht mehr auf).

Was hätte ein US-Präsident hier an Anerkennung bekommen können? Welche Anerkennung der Rolle Amerikas hätte er hier schon erfahren dürfen? Im „I love Gorbi“-Land, das Symbolfiguren erhebt, die nicht wirklich die ganz großen Rollen spielten, die ihnen angedichtet werden? Er hätte eine untergeordnete Rolle gespielt, die der Bedeutung seines Landes nicht entspricht, insbesondere nicht der Rolle seines Landes in der Geschichte unseres Landes. Es gibt kein Land, das mehr für uns getan hat als die USA. Es gibt kein Land, dem das weniger gedankt wird.

Abgesehen davon hätte Obama aber auch nicht hierher gepasst. Wie hätte ein Narziss diese untergeordnete Rolle annehmen können? Doch wie hätte er auch dafür sorgen können, dass die Rolle Ronald Reagans gewürdigt würde – der das krasseste Gegenteil seiner Person und Politik nicht nur symbolisiert, sondern auch war?

Dieser US-Präsident hätte nicht in diese Feierlichkeiten gepasst, weder von seiner Persönlichkeit noch von dem, für das er steht. Es ist gut, dass er weg blieb. Auch wenn ihn das einmal mehr bloßstellt. (Er lässt Hillary Clinton reden; und ein Video wird abgespielt, mit dem er sich dann doch noch in den Vordergrund spielen lässt – sowohl durch die Ankündigung des Videos durch Clinton wie auch das, was er sagt.)

Die Peinlichkeiten erledigten heute andere für ihn. Clinton ein wenig (die Lobhudelei, mit der sie sein Video ankündigte, spricht für sich; die Auslassung Ronald Reagans ebenfalls). Aber auch die ARD zum Beispiel, die nicht in der Lage ist ihr Programmschema zu ändern, um die Feierlichkeiten und Reden – so langweilig sie für manchen sein mögen – vollständig zu übertragen. Es geht nicht in die Beamten-Mentalität dieser Programm-Macher, die Tagesschau mal sausen zu lassen oder zu verschieben, um ein nationales Ereignis weiter zu übertragen. So etwas geht nur für Fußball. Wer die Mauerfall-Feiern ganz sehen will, muss auf Privatsender gehen (n-tv, N24)! Wo bleibt da der Informationsauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender?

Die ARD-Zeitzeugen und Kommentierer Fritz Pleitgen und Jürgen Engert finden übrigens, der 9. November sei der falsche Tag zum Feiern, weil der 9. Oktober der entscheidende Tag gewesen sei – die Demonstration in Leipzig sei das entscheidende Element gewesen, das die DDR zu Fall brachte.

Eine Frage an die ARD-Dödel: Was hat die Menschen damals mehr bewegt? Die Demonstrationen – aber nicht nur die vom 9. Oktober in Leipzig – haben das Regime mürbe gemacht. So wichtig sie waren, überall bewegt waren die Menschen am 9. November, als die Grenzen geöffnet wurden. Vorher war man besorgt, vorher hat man vor Sorge gezittert – wen’s denn interessierte – und man hat gehofft. Aber gejubelt, vor Freude geweint, gefeiert hat man in der Nacht vom 9. auf den 10. November, als die Leute aus dem Osten in den Westen strömten – und nicht unbedingt, um zu bleiben, sondern um auch wieder zurückzugehen. Bis zum 9. November konnte niemand wissen, ob der demokratische Aufstand im Osten gewinnen würde oder nicht. Aber dieser Nacht war das anders.

Wenn jetzt die Linksmedien-Truppe der ARD sich für besonders klug und überlegen daran macht, wieder einmal ein Ereignis kleiner zu reden und Feiern anders legen zu wollen, erinnert mich mächtig daran, dass solche Leute auch daran beteiligt waren, die DDR aufrecht erhalten zu wollen, für einen „dritten Weg“, der ausprobiert werden müsse. Derart an der Wirklichkeit, am Wunsch der Menschen vorbei zu reden und zu agieren ist offenbar Kennzeichen dieser nicht wirklich Intellektuellen. Es ist Kennzeichen der Überheblichkeit, der Selbsterhebung über alle anderen, die diese Leute an den Tag legen – und die ich so zum Kotzen finde.

Mich erinnert noch etwas an etwas anderes: Oberbürgermeister Wowereit bedankt sich bei den Bürgerrechtlern und Dissidenten, die 1989 in enormem Maße mit dafür gewirkt haben, dass die DDR-Führung aufgab. Wenn ich mir so überlege, welche Rolle diese Bürgerrechtler und Dissidenten heute spielen, wie sie ausgegrenzt werden, wenn sie sich nicht der rot-roten Ostalgie und Politik anschließen, dann frage ich mich, ob ihnen noch eine andere Rolle zugestanden werden wird, als die der Gedenkfeiern-Staffage. Böse gesagt: Werden sie etwas anderes sein als die ermordeten Juden, derer man gedenkt, ohne den Überlebenskampf der heutigen Juden zu unterstützen?

(Inzwischen spricht Angela Merkel.)

4 Gedanken zu “Gut, dass er nicht da war – und noch ein paar Peinlichkeiten

  1. Inzwischen habe ich gesehen, dass das ZDF seit 19.25 Uhr sendet. Die die Öffentlich-Rechtlichen haben sich wohl abgesprochen. Das mindert meine Kritik kaum. Warum ist es nicht möglich, dass ein ÖR-Sender ein solches Ereignis in Gänze bringt? Warum nicht vielleicht auch ein Hinweis, dass das ZDF weiter überträgt, sondern ein „Sie können dann in der Tagesschau und in den Tagesthemen mehr sehen“?

  2. Nun, natürlich ist man Gorbi dankbar – warum? Ganz einfach! Normale sowjetische Staatschefs hätten nicht nur auf die Wünsche des ZK der SED reagiert, sondern auch aus eigenem Interesse Panzer geschickt. Wie 1953…oder Budapest 1956 bzw. 1968 in Prag.

    Und mit russichen Panzern wäre das Ganze sehr schnell beendet wurden. Egal ob da ein Ronald Reagan auf der anderen Seite gesessen hätte oder nicht.
    Dieses Machtspiel mit dem Westen hatte man schon mehrmals durch und dieser sich 3x trotz anderen Zusagen und Signalen immer zurückgezogen und die Kommunisten gewähren lassen, weil man eine echte Konfrontation, aus gutem Anlass, fürchtete.
    Von daher wurde Gorbatschow auch als wichtiger wahrgenommen.

    Viel interessanter ist es allerdings, warum die Befehle der SED Führung trotzdem hart durchzugreifen nie umgesetzt wurden. Die Pläne gab es und auch die Internierungslager waren schon fast fertig vorbereitet…Listen von abzuholenden „Dissidenten“ gab es ebenso…bis hin zu genausten Vorgaben wie viele Socken jeder davon mitnehmen durfte. Auch standen bei diesen Demos, in den größeren Städten ab ca. 50.000 EW, in den Seitenstraßen bereits kasernierte Volkspolizei und Kampftruppenverbände in Einsatzskleidung und auch mit scharfer Munition auf Abruf.
    Und ja, wir sind damals Aufklärungseinsätze geflogen, um aktuellste Luftlagebilder, incl. IR Aufnahmen, verfügbar zu haben und es herrschte verstärkte Alarmbereitschaft – allein die Flugplatzsicherungstruppe war fast 4x so stark wie üblich und die Notfallflugplätze waren ebenso vorbereitet worden und wir hatten wochenlang Ausgangssperre/Dauerbereitschaft, so das wir kaum wussten was überhaupt in der Republik vorging.

    Das hier nichts schlimmeres passiert ist, halte ich bis heute für ein Wunder! Haben doch irgendwelches Offiziere der mittleren Führungsebene Courage gezeigt und die Befehle nicht, oder nicht rechtzeitig weitergeleitet. Diese Männer gehören geehrt!

    • Ich habe nichts dagegen Gorbi dankbar zu sein. Nur geht das halt einher mit einer Ignorierung Reagans, der als persona non grata gehandelt wird. Gorbatschow hat viel dazu beigetragen, aber doch wohl eher gezwungenermaßen.
      Gideon hat mehr – Lesebefehl!

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