Ein Grund schon wäre genug

Immer wieder werde ich gefragt, was ich an Israel so toll finde, was mir so gut gefällt. Und dann muss ich immer wieder antworten: vor allem die Menschen.

Ich mache immer wieder die Erfahrung, was für großartige Menschen dieses Land hat. Das ist eine Einstellungssache. Eine Grundhaltung, die ich immer wieder erlebe. Hier kümmert man sich, selbst bei wildfremden Menschen. Das fängt bei Kleinigkeiten an und geht hin bis zu richtig großen Dingen.

Als ich 2004 zum ersten Mal in Israel war, war ich mit einer großen Gruppe unterwegs. An einem Tag setzt ich mich mit einem Mitreisenden ab – in Beer Sheva verließen wir die Gruppe, die mit dem Bus weiter Richtung Tel Aviv fuhr; wir beide fuhren nach Hatzerim ins Flugzeugmuseum der IDF. Dann mussten wir hinterher den Linienbus nehmen. Am Busbahnhof in Tel Aviv suchten wir nach dem Sherut, das uns bis zum Hotel fahren könnte. Die Sherut-Fahrer drängten sich fast schon uns den richtigen Wagen und seinen Fahrer zu zeigen. Unterwegs sollten wir ihn erinnern, sagten sie uns. Das machten wir, der hatte tatsächlich vergessen, dass er daran denken sollte, uns an einer bestimmten Stelle rauszulassen. Aber noch war es nicht so weit. Einige Zeit später auch nicht. Dann stieg ein junger Mann ein und setzt sich uns gegenüber. Ziemlich schnell muss er gemerkt haben, wie unsicher wir waren und sprach uns an: Ob wir wüssten, wo wir hin müssen. „Nicht wirklich“, antwortete ich, „wir haben nur die Straße.“ Die ließ er sich sagen und versprach uns, er würde den Fahrer stoppen. Und so lief das dann auch. Wir stiegen genau da aus, wo wir hin mussten und um die Ecke war das Hotel.

Das ist so eine Kleinigkeit, wie ich sie hier ständig erlebe und wie sie ein aufmerksamer Beobachter auf der Straße zuhauf sehen kann. Man achtet auf einander, sieht, dass jemand ein Problem(chen) hat und hilft. Ohne zu zögern und mit der größten Selbstverständlichkeit.

Es hört hier nicht auf. Dieses Jahr hatte ich es geschafft meine Kreditkarte unbrauchbar zu machen, gleich am zweiten Abend im Land. Es gab schon eine Lösung über einen Bekannten, der mir Geld leihen wollte – auch das seinerseits eine ganz selbstverständliche Geste – so dass ich etwas locker-flockig in E-Mails anderen schrieb, ich hätte viel Zeit zum Übersetzen. Das löste eine regelrechte Welle von Hilfsangeboten aus. Manche fragten drei-, viermal nach, ob auch wirklich alles gut sei und ich kein Geld mehr bräuchte. Einer war praktisch schon auf dem Weg zum Flughafen und meinte, wir könnten uns da treffen, damit er mir aushelfen kann. Und auch am Ende der Reise, in Beer Sheva, wurde ich wieder gefragt, ob ich noch genug Geld hätte oder noch etwas bräuchte.

Richtig interessant wird es jedoch immer dann, wenn etwas geschieht, was hier auch absolut selbstverständlich ist, was unsere Medien endlich einmal berichten sollten, aber wohl nie geschehen wird: Selbst ihren Feinden helfen die Israelis immer noch, als wäre es das Normalste von der Welt. Dem Kind eines Hamas-Terrorführers wurde in Israel – nicht auf seine Kosten – ein Tumor aus dem Auge entfernt. Der Terrorist hält das offenbar für die größte Selbstverständlichkeit der Welt – hat aber seine Mord-Anstrengungen deswegen keinesfalls eingestellt. Ein israelischer Filmemacher hatte ein Jahr lang eine palästinensische Mutter begleitet, deren Sohn ebenfalls in Israel behandelt werden musste. Die Gelder dafür hatte er bei Israelis eingeworben, die sie gerne und reichlich spendeten. Andere hatten Sachspenden, die der Mutter ins Krankenhaus gebracht wurden. Dort fragte der Filmer sie irgendwann, was sie sich für ihren Sohn wünscht. Zumindest war sie ehrlich: Er solle ein Schahid werden – einer, der Israel vernichten und möglichst viele Juden mit in den Tod nehmen wird. Gleichzeitig kamen gerade wieder zwei dieser umzubringenden Jüdinnen und brachten einen Kinderbuggy und Spielzeug für Mutter und Sohn.

Was soll man dazu noch sagen?

Die hilfsbereite Einstellung der Israelis, wie ich sie selbst erfahren habe und wie ich sie immer wieder berichtet sehe – leider nicht in den Qualitätsmedien – wäre schon Grund genug, für dieses Land und seine Menschen einzustehen und sie gegen die Angriffe der Böswilligen, der Dummen und der Kenntnislosen zu verteidigen. Selbst wenn ich die Gründe für Israel einzustehen weglasse, die aus meinem Glauben heraus, aus meinem Erleben des Nahost-Konflikts seit 1982, aus meinen Geschichtskenntnissen und meine Freunde und Bekannten weglasse – dieser Grund alleine wäre schon genug, um zu sagen, dass Israel das Land ist, das ich in diesem Konflikt unterstütze und auf dessen Seite ich stehe. Weil Helfen hier genuin ist. Weil ich nie das Gefühl haben müsste, dass die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft irgendwie etwas mit Berechnung zu tun hat.

8 Gedanken zu “Ein Grund schon wäre genug

  1. Sehr schöner, sehr persönlicher Text. Was wäre das für ein Tag, an dem diese Geschichte im SPIEGEL gedruckt wird statt einer Ulli, dem Palästinenser Groupie!

  2. Anmerken könnte man noch, dass selbst wenn Menschen nicht so töfte wären, die Unterstützung Israels eine Selbstverständlichkeit bliebe.

    Die genannten Beispiele scheinen mir zudem ungünstig altruistisch, so ein Vorgehen bringt bei diesen Kollegen kein Glück.

    MFG
    Wb

  3. Du beschreibst eine Liebe! Wie sollten dies Worte vermögen (obwohl du es gut geschrieben hast).

    Viele Grüße

  4. shalom und guten abend. es ist in der tat so << die menschen sind freundlich und die gastfreundschaft ganz toll. aber auch erez israel
    gehört meine zuneigung. ich hoffe das israel alle anfeindungen
    übersteht. shalom karl

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