SS-Günni und sein neuer „Gedichtband“

Günter GraSS hat wieder geschrieben – ohne Tinte, die letzte hatte er ja im Frühjahr vernichtet, aber vielleicht hat ihm ja jemand noch eine Schreibmaschine da gelassen. Was – anhand des im verlinkten WELT-Artikel lesbaren Teils – daran „Gedicht“ sein soll, erschließt sich mir nicht, das trägt keine Züge und Anzeichen von dem, was bei uns Gedicht heißt. Aber vielleicht macht er ja Anleihen bei unbekannten Kulturen, die Poesie eben anders verstehen. (Hebräische Poesie ist es auch nicht, dazu habe ich mal was gelernt.) Dafür hat er wieder einen für seine Bücher markanten Titel: „Eintagsfliegen“. Passt zu ihm, denn das einzige wirklich lohnenswerte Werk des beim Häuten der Zwiebel erwischten Rättin war „Die Blechtrommel“. In der Musikindustrie nennt man das „One Hit Wonder“ – die machen sich aber weniger heftig in der Welt breit als dieser viel Papier zur Verbrennung bereitstellende Einmal-weltweit-berühmt-Autor.

Wie auch immer, wenn eine hetzerische Knalltüte wie GraSS etwas Antikultur von sich gibt, dann gibt es inzwischen weniger empörte Aufregung, sondern Hohn und Spott. Und da war Facebook mal wieder eine Fundgrube. Gideon Böss hat es ausgelöst, als er einen Vorschlag aus dem Frühjahr wieder einstellte:

Warum heißt der neue Gedichtband von Günter Grass ‚Eintagsfliegen‘ und nicht ‚WaffengedichteteSS‘?

Kommentare:

1) Grass wollte es persönlich ändern, aber ihm war ja die letzte Tinte ausgegangen.

3) Die Gedichte erscheinen in mehreren Sturmbänden.

Auf die selbst gestellte Frage, wer so etwas liest, antwortet der Kommentierende selbst u.a.
4) Wachkoma-Patienten, denen man ein aufgeschlagenes Buch einfach auf Gesicht legt?

6) Israelkritiker lesen das. Und das haben sie auch verdient!

7) „Die Mumie kehrt zurück“ wäre auch ein passender Titel für den Gedichtband.

10) Ein alter Mann – aber die SS-Sache sollte man ihm nicht mehr nachtragen – damals war er fast noch ein Kind! Dass er es nicht früher zugegeben hat, mehr als töricht, und dass er heute gegen Israel wettert ist auch ziemlich ungereimt – dazu reicht nicht mal die Gedichtform! Manchmal muss über alte Leute einfach den Mantel der christlichen Nächstenliebe breiten!
11) Ich finde das mit dem Mantel sehr nett – das Problem ist nur, dass Grass sich als Exhibitionist betätigt. Seinen Mantel kann niemand zuhalten …

Posener mit einem ausnahmsweise hellen Moment:
14) Er heißt nicht „eintagsfliegen“. Er heißt „eintagsfliegen leben länger“. Und da muss die Frage lauten (wenn schon): Warum heißt er nicht „Eine Million Fliegen können sich nicht irren: lest Scheiße.“

18) Litt der nicht immer schon an Demenz?
19) Nein, nur an antisemitischem Fieber und Kippaphobie.

Und dann gibt es natürlich auch wieder „Gegen-Dichtung:

Meine erste Prosa, es sprach aus mir innerhalb von drei Minuten, nachdem ich las, dass der größte aller Moralisten nun 87 solcher Ergüsse erschuf…

Da gibt es einen Dichter, gar schon alt,
der macht deshalb nun vor nichts mehr halt.
Es spricht aus ihm und er merkt es nicht,
und verliert dabei total sein Gesicht.
Das allein wäre nicht schlimm,
würde bereiten keine Grimm.
Aber, zu viele auch junge Geister,
bemerken nicht diesen alten Kleister.
Auch aus ihnen denkt es, es muss gesagt werden
und zeigen damit, manche Dinge werden sich leider nie ändern auf Erden.

Exklusiver Vorabdruck aus Günter Grass´ neuestem Meisterwerk „Eintagsfliegen“:

Auf jeden Jud´ in diesem Land
da kommen fünf Raketen
Dem kleinen Ahmadinedschad
hilft da nur mehr das Beten

Mit Messer, Gabel, Schneidgerät
und nuklearem Feuer –
wenn Teheran in Flammen steht
dann wird das Löschen teuer

Ich warne vor dem Flächenbrand
Verschont mir die Schiiten!
Atome spalten ist riskant
und zeugt Antisemiten

 (Titanic – das endgültige Satiremagazin)

Facebook-Reaktion:
Wenn der Dichter nicht mehr dicht ist, dann schenkt ihm kein Gehör, doch holt statt dessen schnell, den Installateur.

Hier noch die Reaktion der israelischen Botschaft in Berlin zu Grass‘ Vanunu-Entgleisung:

Die Versuche  Günter Grass’, sich auf dem Rücken des Staates Israel ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen, sind peinlich. Es scheint, als wache Grass alle paar Monate auf und habe dann einen neuen Sermon im Gepäck. Auf seinem Kreuzzug gegen den jüdischen Staat lässt er sich von Tatsachen nicht beirren.

Hat Grass in seiner Jugend die Judenverfolgung unterstützt, schreibt er nun im Alter gegen den Judenstaat an.

Der Sprecher des israelischen Außenministeriums übt sich in (Galgen?-) Humor:

„Dieses kleine Werk ist sicherlich kein Schiller und kein Rilke, aber angesichts der früheren Ansichten von Grass ist es immerhin erfrischend, dass wohl zumindest ein Israeli (Vanunu) Gnade vor seinen Augen findet.“

Der Vorsitzende des israelischen Schriftstellerverbandes redet Tacheles:

Der Vorsitzende des Schriftstellerverbands erklärte, der Rassismus des Nazi-Regimes sei in Grass´ Erbgut eingebrannt. „Würde Grass gegen die nukleare Aufrüstung des Irans aktiv werden, könnte er so die Spuren des Hakenkreuzes auf seiner Kleidung löschen“, meinte Chakak. „Aber sein Kreuzzug gegen das jüdische Volk und Israel geht weiter, und dafür kann man ihm nicht vergeben.“

Und Broder ätzt natürlich auch:

Wer nicht malen kann, der macht Collagen, wem das Dichten schwer fällt, der verarbeitet „Kastanien/ die im Oktober/ feucht in der Hand liegen“ zu einem Poem. Anonym eingesandt würde so etwas nicht einmal die Dinkelsbühler Zeitung abdrucken, aber wenn es unter dem Markennamen „Grass“ daherkommt, bekommen die Kritiker weiche Knie – und wenn es nur Eintagsfliegen sind, die tot zu Boden fallen.

10 Gedanken zu “SS-Günni und sein neuer „Gedichtband“

  1. Bezieht sich der Titel vielleicht auf die Bewohner Israels? Vllt. weiß GraSS mehr? Welchen Draht hat er zu den iranischen Atomanlagen?
    Wahrhaftig eine prophetisch elaborierte Metapher. Angst und bange kann einem da schon werden. Und wird das denn nicht von den Deutschlehrer in den Klassen mit moslemischen Schülern schön auf Parolen hin interpretiert werden?

  2. Man mag sich drüber streiten, aber ich kann das nicht so sehen, die Blechtrommel als „das einzige lohnenswerte Werk“! Wollte – es ist „Ewigkeiten“ her, mal wissen, was „alle Welt“ an der Blechtrommel so toll fand und habe mich daraufhin mal durchgequält – im wahrsten Sinn des Wortes! Weiß bis heute nicht, warum ich mir das angetan habe! Das waren noch Zeiten, als ich Bücher, die ich zu lesen angefangen hatte, noch bis zum Ende „aushielt“! Heute bin ich „schlauer“ und tue (mir) das nicht mehr (an)! 🙂

    • Ich habe die Blechtrommel auch nicht ausgehalten. Aber ich denke, so viel Toleranz sollte man doch haben, wenn alle Welt das so gut findet. Dann ist es halt lesenswert, wenn auch nicht für mich. Hab‘ den Film in Teilen gesehen – war auch nicht begeistert. Aber das ist halt Geschmackssache.
      Ich habe mich mal bei einer Kollegin in die Nesseln gesetzt, als ich meinte, was Heine so in seinen 20-ern geschrieben hat, wäre doch mächtig unterirdisch, als hätte er irgendwo besoffen rumgehangen und unbedingt was zu Papier bringen wollen. Sie ist Heine-Fan – und da darf man diese Meinung dann nicht haben. (Sie hat mir dann unterstellt, ich wollte Heines Werk insgesamt verunglimpfen. Hm…)

      • Kommt mir bekannt vor, dass man sich – ganz schnell, ohne es zu wollen – in „die Nesseln setzt“ bzw. setzen kann!
        Was die Blechtrommel angeht, lasse ich den anderen sehr wohl ihre Meinung. Sie können diese durchaus als lesenswert empfinden, da muss und kann ich nicht mithalten. Was mich gestört hat, war die allgemeine Feststellung, dass das Werk lesenswert sei. Das ist echt Geschmacksache! Oder: Daran scheiden sich die Geister! 🙂

  3. Zur Klarstellung:Ich unterstütze die Politik Israels in vollem Umfang.Die Äußerungen von Herrn Grass können nur dem Umstand geschuldet sein,das er sich nicht ausreichend mit der existenzbedrohenden Lage,in der sich Israel befindet,auseinander gesetzt hat.Allerdings finde Ich es auch nicht in Ordnung,Ihm die Mitgliedschaft in der Waffen-SS vorzuwerfen,da er bei Kriegsende 16 Jahre alt war. Bernd Pätzold

    • Zur Klarstellung: Niemand wirft dem Mann seine SS-Mitgliedschaft vor. Was ihm vorgeworfen wird – und zwar völlig zurecht und wohl auf ewig – ist sein heuchlerisches Schweigen und die Art und Weise, wie er das „rechtfertigt“. Abgesehen davon, dass er sich dabei als oberlehrerhafter Rechthaber aufführt, der immer noch auf dem hohen Ross sitzt, von dem er längst abgestürzt ist.

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