Bibis Kritiker dürfen keine „Mufti-Leugnung“ betreiben

Lyn Julius, The Times of Israel (blogs), 24. Oktober 2015

Die Hölle scheint ausgebrochen zu sein, seit Bibi Netanyahu seine unglückliche Bemerkung machte, dass die Auslöschung der Juden die Idee des Mufti war.

Historiker haben zurecht darauf hingewiesen, dass die Auslöschung der Juden Europas schon im Gang war, als der Großmufti von Jerusalem, Haddsch Amin al-Husseini, 1941 Adolf Hitler traf.

Am meisten verstört, dass sich im Chor der politischen Gegner und der Palästinenser, die Netanyahu der Verzerrung und sogar der „Leugnung“ des Holocaust bezichtigen, die befinden, die auf unverantwortliche Weise eine weitere gefährliche Verzerrung der Historie einführen. Sie waschen den Mufti vom seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg und sein bleibendes Vermächtnis völkermörderischen Antisemitismus rein.

Ich wiederhole: Israels Premierminister Netanyahu lag falsch. Es steht aber außer Zweifel, dass der Mufti alles in seiner Macht stehende tat, um der Endlösung Vorschub zu leisten. Als die Nazis zauderten, stellte er sicher, dass Ausweisung keine Option war. Jedes Mal, wenn ein Deutscher bestochen wurde Juden aus den Lagern freizulassen, intervenierte der Mufti um den Handel zu blockieren. Er sabotierte den Austausch von 1.200 jüdischen Kindern gegen deutsche Kriegsgefangene und schickte sie in den Tod. Er war direkt verantwortlich dafür, dass Millionen Juden zum Tode verdammt wurden, indem er sicherstellte, dass die Tore für eine sichere Zuflucht in Palästina fest verschlossen waren.

Von den Briten ins Exil in Bagdad geschickt, half der Mufti 1941 einen pro-Nazi-Umsturz und die sich daraus ergebende „Farhud“, die „Kristallnacht“ des Irak, in dem bis zu 600 Juden ermordet wurden, zu arrangieren. Hätten die Nazis den Krieg gewonnen, wäre der Mufti, der als Hauptmann der osmanischen Armee Zeuge des Völkermords an den Armeniern gewesen sein dürfte, zu einem wichtigen Spieler bei der Auslöschung der Juden Palästinas und der arabischen Welt geworden – ein Ziel, für das er bei seinem berühmten Treffen mit Hitler im November 1941 Zustimmung suchte. Er hatte detaillierte Pläne für Verbrennungsanlagen bei Nablus. Er legte die Basis für den Holocaust an den Juden in den arabischen Ländern.

Dr. Yosef Sharvit von der Bar Ilan-Universität führt an:

„Ein dem, was in Europa geschah, ähnlicher Prozess fand statt: diskriminierende Gesetze, die Ausraubung von Juden, die Gründung von Judenräten, die Einrichtung von Arbeitslagern und am Ende hätten sie auch die Todeslager bauen sollen.“

Der Mufti war die Spitze des arabischen und muslimischen, die Nazis befürwortenden Eisbergs – rund 60 arabische Gefolgsleute schlossen sich ihm in Berlin als Gäste Hitlers an. Er war nicht nur ein Propagandist – obwohl seine Sendungen einen riesigen Einfluss hatten. Als Führer der arabischen Welt verfügte er über immense Unterstützung für seinen nazifreundlichen Antisemitismus.

Hitler war derart beliebt, dass eine Lieblingsparole in der damaligen arabischen Welt lautete: „Allah im Himmel, Hitler auf Erden.“ Der Führer war als Haddsch Hitler bekannt. Mancher behauptete sogar, Hitler sei ein Ägypter.

Meine in Bagdad in den 1930-er Jahren aufgewachsene Mutter war gekränkt, als sie erfuhr, dss die Familie ihres muslimischen Gärtners sein neues Baby nach Hitler benannt hatte.

Fünfzehnmal so viele Juden wie Araber in Palästina (es gab nur halb so viele Juden wie Araber) kämpften an der Seite der Alliierten gegen Hitler.

Diejenigen, die behaupten Bibi habe den Mufti aus Hunderten von Nazi-Mitreisenden und Antisemiten herausgegriffen, um die Sache der Palästinenser „für politische Vorteile zu delegitimieren“, betreiben „Mufti-Leugnung“.

Wie viele Antisemiten gingen so weit wie der Mufti und rekrutierten Zehntausende Muslime für seine drei bosnisch-muslimischen SS-Divisionen? Sie begingen derart unsägliche Verbrechen, dass Jugoslawien forderte, dass der Mufti bei den Nürnberger Prozessen angeklagt wird. Nach Angaben von Dr. Yosef Sharvit wurde der Mufti sogar als ein größerer Nazi-Verbrecher betrachtet als Adolf Eichmann.

Das Versagen der Alliierten den Mufti vor Gericht zu stellen bedeutete, dass die arabische Welt niemals entnazifiziert wurde. Stattdessen wurde 2.000 Nazi-Kriegsverbrechern in der arabischen Welt Unterschlupf gegeben, die dort waren, um den Antisemitismus in stratosphärische Höhen zu bringen.

Antisemitismus ist kein Nebenprodukt des arabisch-israelischen Konflikts: Er hat tiefe ideologische Wurzeln. Die Allianz des Muftis mit den Nazis und mit der von Deutschland finanzierten, 1928 gegründeten Muslimbruderschaft war nicht nur eine Sache antikolonialistischer Opportunität. Ihr Vermächtnis an religiösem Fanatismus ist heute immer noch vorhanden und in den vom Da’isch im Irak begangenen Enthauptungen und den Messeranschlägen auf den Straßen Israels zu finden.

Aus der aktuellen Kontroverse könnte etwas Gutes entstehen: Mehr Menschen könnte dazu bewegt werden sich auf die immens bedeutende Rolle des Muftis zu konzentrieren – eine Rolle, die die akademische Welt und die Medien bislang zu ignorieren oder herunterzuspielen geneigt sind.

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