Hamas und die Nazis: beunruhigende Parallelen

Richard Landes, Augean Stables, 14. Juni 2024

In einem umstrittenen Artikel in der New York Times gab der israelische Historiker und Professor an der Brown University Omer Bartov seinem Schrecken angesichts der aufwieglerischen Äußerungen israelischer Führungspolitiker nach dem 7. Oktober Ausdruck, die – jedenfalls für ihn – sowohl völkermörderische Absicht und sogar Handeln empfohlen. Viele haben Bartov dafür kritisiert, dass er sich ausschließlich auf die wütenden israelischen Reaktionen auf den 7.10. konzentrierte und die seit inzwischen drei Generationen anhaltenden, offen völkermörderischen Äußerungen der Nachbarn Israels nicht erwähnt.[i]

Diesen anderen, völkermörderischen, ausdrücklich antisemitischen Diskurs zu übersehen, stellt eine grobe Fehlinterpretation der verfügbaren historischen Aufzeichnungen dar. Dieser Völkermord-Diskurs, dessen aktiver Aktivist derzeit die Hamas ist, gehört zu einer besonderen Kategorie Millenniumsbewegungen: der aktiv vernichtenden Apokalyptik. Die „wahren Gläubigen“ betrachten sich als die (göttlichen) Vertreter der massiven Zerstörung, die den Weg für das kommende Jahrtausend ebnet: Die Welt muss zerstört werden, um sie zu retten. Diese Völkermord-Diskurs ist in weiteren solcher Bewegungen zu finden, die sich auf einen Erzfeind (Antichrist, Dajjal) konzentrieren, mit der dazugehören gewalttätigen Paranoia, Sündenbock-Suche, Projektion und Todeskult.

Die größte Überschneidung der Millennial-Details erscheint, wenn man die apokalyptischen Narrative der Hamas in den 2020-er und der Nazis in den 1930-er Jahren miteinander vergleicht.

  • Beide streben die Welteroberung und die Unterwerfung des „anderen“ an – für die Nazis die Nichtarier, für die Jihadisten die Ungläubigen.
  • Beide betrachten das zu kollektiver Erlösung führende apokalyptische Szenario als Ruf zur vernichtenden Zerstörung und betrachten sich als Agenten dieser Zerstörung.
  • Beide richten sich gegen die Juden als ihrem besonders gefährlichen Feind ihres Projekts, die ausgelöscht werden müssen, damit die Erfüllung erreicht werden kann.
  • Beide projizieren ihre eigenen, verheimlichten Wünsche auf die Juden und beschuldigen sie der Welteroberung und des Völkermords.
  • Beide begrüßen einen Todeskult, der sollte er umgesetzt werden, Megatod für Dutzende und Hunderte Millionen herbeiführen kann.

Abgesehen von der Feststellung, dass die eine angeblich antireligiös und rassistisch war und die andere eifernd religiös und theokratisch ist, sind die Bewegungen sich bemerkenswert ähnlich.

Herf und Goda, zwei der frühesten Kritiker Bartovs, führen in diesem Zusammenhang einen historischen Schüsselpunkt an. Bartov ignorierte die ernstere Ursache für Völkermord-Diskurs und -Absichten, die in dem Land zwischen Fluss und Meer im Spiel ist.

Zufällig gibt e seine interessante und herausfordernde Verbindung zwischen dem aktuellen Gaza-Krieg und Nazideutschland, aber das ist nicht die, die Bartov erklärt. Sie betrifft die Beziehung zwischen einer Terror-Diktatur und der Bevölkerung, über die sie herrscht. Historiker haben lange schon diskutiert, warum die Deutschen bis zum bitteren Ende des Krieges kämpften, warum die Armee Hitler nie stürzte und warum es keinen Volksaufstand gegen das Nazi-Regime gab. Der berühmte Begriff der Volksgemeinschaft fängt diese Mischung aus Terror einerseits und Volkseinigkeit andererseits ein, die Hitlers Regime das Überleben ermöglichte. Die Beziehung zwischen der Hamas-Diktatur und gewöhnlichen Gazanern wirft ähnliche Fragen auf. Ist es nach 17 Jahren in den Moscheen des Gazastreifens gepredigten, in seinen Schulen gelehrten und in die Fernseher ausgestrahlten Judenhasses ein Wunder, dass so viele Zivilisten im Gazastreifen die Hamas zu unterstützen scheinen?

Zum Beispiel sollte man meinen, dass ein Historiker (erst recht ein Holocaust-Historiker) statt solche Parallelen zu ignorieren die Art spannungsgeladenen Enthusiasmus erkundet, zu dem die Hamas-Taten bei manchen im Westen inspirieren. Welche Vergleiche kann man zwischen Hitlers faszinierender Macht das deutsche Volk zu begeistern und der Art Aufgeregtheit ziehen die der barbarische Angriff der Hamas befeuerte. Russel Rickford, Professor an der Cornell University und Sprecher von Black Lives Matter, rief bei einer Veranstaltung zur Unterstützung der Palästinenser: „Das war berauschend! Es war berauschend! Es war belebend! Ich war berauscht!“ Und dieses Hochgefühl entstammt seiner Identifizierung mit seinem „revolutionären“ Wunsch das „Machtmonopol“ mit Hilfe jihadistischer Gewalt „herauszufordern“.

Könnte es hier keinen Weg geben, mit dem diese Art von aufgeregter Zustimmung für Leute, die ihr Gemetzel an menschlichen Wesen bejubeln, zu der Art von Massen-Enthusiasmus führt, den die Nazis so gekonnt choreografierten? Bartov finden einen solchen Rechercheansatz sowohl falsch als auch rassistisch. Zusammen mit weiteren Holocaust-Forschern lehnt er schon den Vorschlag ab.

Israelische Führungskräfte und andere nutzen das Gerüst des Holocaust, um Israels Kollektivbestrafung des Gazastreifens als Kampf um die Zivilisation im Angesicht von Barbarei darzustellen, womit sie rassistische Narrative über Palästinenser propagieren.

Das ist postkoloniale Rhetorik in ihrer dürftigsten Form. Die von ihm auf die am wenigsten attraktive Art formulierte Sichtweise hat nichts mit tatsächlichem Rassismus zu tun, denn alle beteiligten Spieler verkörpern nicht Rasse, sondern ideologische und kulturelle Phänomene. Das mit dem überhöhten Begriff als „rassistisch“ zu bezeichnen lässt die historische Debatte verkümmern und beschränkt unsere Sicht auf den 75 Jahre alten Kampf für Palästinenser-Rechte, statt auf die 85 Jahre alte Ehe von Nazis und palästinensisch-muslimischem, eliminatorischem Antisemitismus. Wenn solche Anschuldigungen ins Gewicht fallen, können wir über die Rolle der Hamas sprechen, die seit 1988 dieses tausendjährige Bestreben in eine aktiv apokalyptische Phase getragen hat, deren oberstes Ziel darin besteht einen Juden zu töten.

In welchem Geschichts-Seminar, in dem Bewegungen wie diese, z.B. aus der Annales-Schule studiert werden, würde man einen Fall analysieren, indem zwei so ungewöhnlich gefährliche Bewegungen zwei Generationen auseinanderliegen, ohne die vielen Verbindungen und Parallelen zu diskutieren? Wer würde eine historische Rekonstruktion der späteren Bewegung in den drei Jahren nach der Niederlage ihrer Vorgängers und Verbündeten 1945 beginnen und mit (dem eigenen Fehlschlag) 1948 anfangen, als Israel den Palästinensern ihre Rechte vorenthielt, statt in den späten 1930-er Jahren, als Jihadisten und Nazis sich erstmals verbündeten? Welcher Historiker für Mentalitäten würde den Aufstieg zahlreicher, völkermörderischer Jihadisten-Kulte in der muslimischen Welt in den späteren Generationen diskutieren, ohne ihre Beziehung zum doppelten Völkermord-Fehlschlag der 1940-er Jahre zu untersuchen? Kein einziges der Seminare, das ich oder Omer damals in den Jahren der Übernahme des Orientalismus übernahm, besuchten.

Wenn „Zivilisation“ aus der organisatorischen Wertschätzung von Leben entsteht, ist dann dieser Konflikt nicht ein zivilisatorischer Kampf mit einem Todeskult, den sogar Muslime alarmierend finden? Und zeigt dieser Kult keine alarmierende Stärke? Es gibt historische Fälle, in denen eine aktiv vernichtende apokalyptische Bewegung ins Innere einer Zivilisation „eindrang“. Und keiner davon hat ein glückliches Ende.

Und wenn es angemessen ist, die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts als einen „dreißigjährigen Krieg“ mit kurzer Ruhepause zu betrachten, wie viel wahrscheinlicher ist es dann aus Sicht eines Historikers diesen Kampf um das Land zwischen Fluss und Meer als eine einzige, immer noch aktive Schlacht des Zweiten Weltkriegs zu betrachten? Oder schlimmer: Die Eröffnung der nächsten Runde eines globalen Kampfs mit totalitären Hass- und Todes-Kulten, der offenbar weit davon entfernt ist vorbei zu sein?

1990, als die Menschen begannen vor den Kalifatsanhängern (Jihadisten, Islamisten) zu warnen, vor einem Religionskrieg, der sich zwischen dem agnostischen Westen und dem eifrigen Nahen Osten zusammenbraute, taten die meisten von uns, die hörten, dass diese wahren Gläubigen darum kämpften, die Welt zu erobern und ein globales Kalifat zu schaffen, das als groteske Fantasie ab oder – besonders nach dem 9/11 – als gefährliche „Islamophobie“ ab. Und die einzige Möglichkeit, wie ein Historiker des Millenniums auf diese Ungläubigkeit reagieren konnte, bestand darin darauf hinzuweisen, dass in Jahrtausenden falsch nicht belanglos bedeutet. Sehen Sie sich die von zwölf Jahren Tausendjährigem Reich angerichteten Schaden an.

Eine Generation später sieht die Landschaft bedrohlicher aus. Während wir schliefen

Einer der Schlüsselmomente in der Geschichte all dieser Bewegungen, die sich, wie der Millennial-Analyst Henri Desroche es ausdrückte, wie ein Waldbrand ausbreiteten, ist der Augenblick, in dem sie öffentlich ihr wahres Gesicht zeigen. In den meisten Fällen schreckt der starre Blick der Öffentlichkeit sie und ihre radikalen, unmöglichen Ideen ab, manchmal mit Gewalt. Aber in den seltenen und berühmten Fällen, wo „in die Öffentlichkeit zu gehen“ Begeisterung und Enthusiasmus auslöst, erlangt die Bewegung öffentliche Autorität und einen Weg die Macht zu übernehmen und auszunutzen.

Der 7. Oktober war der Tag der Offenbarung. Angesichts der Barbarei ihrer Brüder jubelten die Zivilgesellschaft und die für Menschenrechte eintretende Palästinensergemeinschaft. Und ihnen schlossen sich Leute an, die sie laut ihrer progressiven Behauptungen prinzipiell unterstützen. Was bedeuten diese Demonstrationen an unseren Universitäten und im gesamten Land? Haben die, die BDS als einen Kult bezeichnen, recht? Ist das eine neue religiöse Bewegung? Eric Hoffer war in den 1950-ern klar, das „Massenbewegungen ohne einen Gottesglauben aufsteigen und sich verbreiten können, aber nie ohne den Glauben an einen Teufel“.

Diese Feiern des barbarischen Sadismus mit den begleitenden Rufen nach „Revolution“ und „Völkermord“-Anschuldigungen lassen für die liberalen Gesellschaften, in denen sie auftauchen, Böses ahnen. Sie bejubeln einen Todeskult.

Man möchte glauben, dass das schon schlimm genug ist… dass es nicht nötig gewesen wäre, dass Bartov und seine jüdischen Kollegen der großen Projektion der Jihadisten ihren Segen zu geben, so wie Freund behauptet hatte, die Juden hätten Moses getötet, während die Nazis ihre Kundgebungen abhielten: „Die Juden begehen Völkermord!“ Und sich dann umzudrehen und uns unsere „rassistische“ Diskussion zu jihadistischen Hoffnungen und Träumen zu verbieten. Ich kann nur hoffen, dass Historiker der nächsten Generationen begreifen und lehren werden, wie Bartovs Aufsatz, weit davon entfernt die Sichtweise eines Historikers beizutragen, unser Verständnis durch einen ahistorischen und fehlgeleiteten Versuch verwirrte etwas zu einer (katastrophalen) Geschichtsschreibung beizutragen.


[i] Antworten, Amnon Lord: „The Great Failure of the Holocaust researchers“, Israel HaYom, 20. Nov. 2023; Jeffrey Herfa/Norman Gona: „Holocaust Historians, the Genocide Charge, and Gaza“, Quillette, 23. Nov. 223; Dina Porat: „Charging Israel with Genocide in Gaza is Inflammatory and Dangerous“, Ha’aretz, 28. Nov. 2023; Ingo Elbe: „Missbrauch der Holocausterinnerung? – Eine Kritik an Omer Bartov und anderen“, Mena Watch, 28. Nov. 2023

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