Schon wieder ist ein Jude schuld

In diesem Fall einer, der sein Jude sein nicht sonderlich heraushängt, von dem aber jeder ausgeht und „weiß“, dass er als Jude schreibt (hm): Henryk M. Broder höchstpersönlich (na ja, auch noch ein paar andere, aber die zählen nicht) hat die Hass-E-mails an den Tübinger OB Boris Palmer ausgelöst. Warum? Weil die angeblich prompt mit dem Erscheinen eines Textes von Broder begann.

Jetzt kann man sich über mehrere Dinge Gedanken machen.

Dazu gehört sicherlich, wieso die Arschlöcher, die üble Beschimpfungen zu verschicken gewohnt sind (und die sich wohl sicherlich auch noch gut dabei fühlen), vermeintlich erst mit dem Erscheinen von Broders Text begonnen haben sollen. Man kann spekulieren, dass diese Geistesgrößen erst ziemlich spät in der Lage waren zu deduzieren, welche Rolle der Tübinger OB in dem Skandal um die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Felicia Langer spielt. Mag sogar sein, dass Broders Artikel sie erst drauf gestoßen hat, weil sie vorher nicht intelligent genug dazu waren zu erkennen, dass nicht der Bundespräsident den Vorschlag gemacht hat (vielleicht lag es aber auch daran, dass Herr Palmer sich irgendwann weit aus dem Fenster lehnte und die Hass-Predigerin lauthals unterstützte). Aber begründet das den üblen Vorwurf Palmers, Broder sei schuld an den Hass-Mails?

So „schlüssig“ Palmer Broders Verantwortung bewiesen haben will, so wackelig ist der Vorwurf. Immerhin hatte er vorher schon in Stellungnahmen üble Post angeführt und kommentiert, vor allem tue ihm Frau Langer leid, dass sie das aushalten müsse. War Broder auch dafür schon verantwortlich?

Und wie kommt es, dass Typen wie Boris Palmer sich auf einmal mächtig ins Zeug legen, um Verursacher von Hass-Mails zu entlarven und mit ihnen „Klartext“ zu reden, wenn sie selbst oder ihre Hätschelkinder davon betroffen sind? Würde Herr Palmer jemals in Betracht ziehen, dass seine Ergüsse oder die einer Felicia Langer oder auch andere bekannter „Antizionisten“ wie Norman Paech & Co. (die ja nun selbst schon hässlich genug sind) für das zur Verantwortung zu ziehen, was ein Henryk Broder oder Ralph Giordano seit Jahren ertragen müssen?

Hier liegt einmal mehr ein Fall von zweierlei Maß enormem Ausmaßes vor. Wer den Palmers und Langers passt, wird nicht kritisiert – zumindest nicht öffentlich, so weit es überhaupt wahrgenommen wird – wenn er Gülle gießt; im Gegensatz dazu wird Vertretern abweichender Meinungen maximale Verantwortung zugeschrieben. Bis hin zu dem Totschlag-Lügenargument, Broder et. al. würden dazu beitragen, dass der Antisemitismus wieder um sich greift und Israel übel angegangen wird. Selbst verbittet man sich, mit hasserfüllten Schmierenschreibern in Verbindung gebracht zu werden, zu anders Denkenden wird aber genau das gemacht: Was du nicht willst, das man dir tu, das füge andren kräftig zu.

So sehr ich mir wünsche, es wäre anders: Auch auf der Seite derer, die tatsächlich für Israel eintreten, gibt es einen Haufen irrer Hetzer, die sich darin suhlen denen von der anderen Seite mit übelster Fäkalsprache und sonstigen Beleidigungen zu kommen. So, wie es auch bei denen, die die Langers und Palmers hoch leben lassen, solche Leute gibt. Folgen wir Boris dem Schwafler, dann müssen Broder, Casula usw. (und auch ich) schweigen, damit die Hetzer „unserer“ Seite keine Hass-Mails mehr schreiben (als wenn das dann geschehen würde…), während selbiges für die Langers, Paechs usw. natürlich nicht gilt, denn die tragen für „ihre“ im Gegensatz zu „uns“ keinerlei ursächliche Verantwortung.

Sollte Herr Palmer das tatsächlich so sehen, dann gehört ihm der Hintern versohlt. Behauptet er, das nicht so zu sehen, dann ist er ein Schelm, der sich dringend überlegen sollte glaubwürdigen Unsinn zu schwätzen.