Der November ist der grausamste Monat

Point of No Return, 18. November 2010

Es war November 1945, als eine Serie antijüdischer Krawalle in mehreren arabischen Ländern ausbrach. In Ägypten wurde von der Muslim-Bruderschaft, Misr al-Fatat und der Vereinigung junger muslimischer Männer zu antizionistischen Demonstrationen aufgerufen. Am Balfour-Tag (2. November) fanden in Kairo, Alexandria und anderen Städten Massendemonstrationen statt. Jüdische Geschäfte in Kairo und im jüdischen Viertel wurden ausgeraubt und die aschkenasische Synagoge geplündert. Die Unruhen liefen in Anti-Dhimmi-Gewalt über, bei der koptische, griechisch-orthodoxe und katholische Institutionen ebenfalls attackiert wurden. Von 500 ausgeraubten Geschäften gehörten 109 Juden. Erstaunlicherweise wurde in Kairo nur ein Polizist getötet. Unter den sechs Getöteten in Alexandria waren fünf Juden.

Weit schlimmer war das Pogrom in Libyen, das am 4. November in Tripoli begann, als Tausende sich im jüdischen Viertel und Basar austobten. Jüdische Häuser und Geschäfte waren vorher für die Angriffe markiert. Die Gewalt breitete sich in andere Städte aus. Im Verlauf von drei Tagen Randale sah die Polizei zu und britische wie amerikanische Soldaten in den Vororten warteten drei Tage lang, bis sie eine Ausgangssperre verhängten. Bis dahin waren 130 Juden tot, darunter 36 Kinder. Frauen wurden vergewaltigt, rund 4.000 Juden waren obdachlos und neun Synagogen zerstört.

In Syrien brach ein Mob in die große Synagoge in Aleppo ein und verprügelten zwei ältere Männer. Im Irak vermied die Regierung eine Wiederholung der Farhud von 1941 mit einem Verbot öffentlicher Demonstrationen.

Die arabisch-jüdischen Spannungen erreichten im Herbst 1947 neue Höhen, als die UNO über Palästina debattierte. Dr. Mohammed Hussein Heykal, der Vorsitzende der ägyptischen Delegation, warnte, dass eine Million Juden in arabischen Länder durch eine Teilung gefährdet würden.

Eine neue Welle der Gewalt breitete sich nach der Abstimmung zugunsten der Teilung am 29. November 1947 aus. Für den 2. bis 5. Dezember wurde zu Demonstrationen aufgerufen. Nur weil die Polizei den Mob vom Angriff auf das jüdische Viertel Kairos abhielt, konnten Leben gerettet werden.

In Bahrain begannen ab dem 5. Dezember Menschenmassen jüdische Häuser und Geschäfte auszurauben und zerstörten die Synagoge. Zwei alte Frauen wurden getötet.

In Aleppo (Syrien) wurde die jüdische Gemeinde von einem Mob verwüstet, der von der Muslim-Bruderschaft angeführt wurde. Mindestens 150 Häuser, 50 Geschäfte, alle 18 Synagogen, fünf Schulen, ein Waisenhaus und ein Jugendclub wurden zerstört. Viele Menschen wurden getötet, doch die genaue Zahl ist nicht bekannt. Mehr als die Hälfte der 10.000 Juden der Stadt flohen in die Türkei, den Libanon und nach Palästina.

In Aden konnte die Polizei die Krawalle nicht im Zaum halten. Bis die Ordnung am 4. Dezember wieder hergestellt war, waren 82 Juden getötet worden. Von 170 Juden gehörenden Geschäften waren 106 zerstört. Die Synagoge und zwei Schulen gehörten zu den niedergebrannten jüdischen Institutionen.

Im Maghreb hielten die Franzosen die Bevölkerung unter strenger Kontrolle. Dort war die Moral besser als unter den Juden des Nahen Ostens. Diese wollten verzweifelt weg, konnten aber nirgendwo hin. Allerdings sollten Krawalle in Marokko sechs Monate später das Leben von 48 Juden fordern.

Die Palestine Post brachte am 11. Dezember 1947 ein Editorial mit dem Titel „widerwillige Geiseln“. Darin wurde ein Editorial des Manchester Guardian vom Vortag zitiert, Titel: Hostages (Geiseln). Darin wurden aufhetzende Äußerungen arabischer Führer beklagt, die als Drohungen gegen die jüdischen Minderheiten interpretiert werden konnten. Sowohl in Syrien wie im Irak „sind die Juden unter Druck gesetzt worden den Zionismus zu verurteilen und die arabische Sache zu unterstützen. Man kann sich nur wunden, welche Drohungen geäußert wurden, um das herbeizuführen.“

Die Krawalle der vorhergehenden Woche waren von arabischen Regierungen der „Wut der Menschen“ zugeschrieben worden. Das Editorial warf vor, dass „die betreffenden Regierungen, wenn sie sie nicht auslösten oder zu ihnen anstachelten, wohlwollend zusahen“.

Die libanesische Regierung gab Ausweisungsanweisungen gegen palästinensische Juden im Libanon aus. Die Palestine Post vom 22. Dezember 1947 brachte einen Bericht über brutale Maßnahmen, die die Arabische Liga gegen die Juden in arabischen Ländern überlegte. Sie sollten erst die Staatsbürgerschaft aberkannt bekommen, ihr Besitz sollte beschlagnahmt, ihre Bankkonten eingefroren und sie sollten als feindliche Ausländer behandelt werden.

„Es gibt zwar keine Nachrichten über die Akzeptanz dieser Resolution durch die Arabische Liga, doch es ist tragisch, dass ein solches Dokument entworfen werden musste“, klagte das Editorial. „Für sie ist es einfach den Schläger zu spielen und ein Schwert über den Köpfen vieler Hunderttausender Juden hängen zu lassen, die ihrer Gnade ausgeliefert sind.“

Obwohl sie nicht beschlossen wurde, wurden Teile des Resolutionsentwurfs der Arabischen Liga von einzelnen arabischen Regierungen übernommen. Der Menschenrechtsanwalt und ehemalige kanadische Justizminister Irwin Cotler hat sie „nürnbergartige Maßnahmen“ genannt.

Bis zu dem Zeitpunkt, als Israel am 15. Mai 1948 gegründet wurde, waren die jüdischen Gemeinden in arabischen Ländern in ihren Grundfesten erschüttert worden. Wie Norman Stillman sagt, trug die palästinensische Frage ein enorm dazu bei, aber sie war nicht das einzige – sie war eher ein Katalysator. Arabischer und islamischer Nationalismus konnten keinen Raum finden für ethnische und religiöse Gruppen, die von der Norm abwichen und die Juden fanden sich von der Gesellschaft im Allgemeinen entfremdet wieder.

Mit Dank für seine Recherche an Eliyahu und Dank an „The Jews of Arab Lands in Modern Times“ von Norman Stillman