Israel und Brüssel: Die bei Bombenanschlägen „nur Verwundeten“

Prof. Louis René Beres, Israel National News, 26. März 2016

Damals, 2009, wurde der inzwischen berüchtigte Goldstone-Bericht vom UNO-Menschenrechtrat veröffentlicht. Er warf einen unbestreitbar einseitigen Blick auf Israels Operation Gegossenes Blei im Gazastreifen, weil er in seiner unausgewogenen Bewertung entschied allen vorhergehenden antisemitischen Terrorismus zu ignorieren. Von Richter Goldstone am vielleicht auffallendsten missachtet wurde dies: Israels bewusst beschränkte Militäroperation repräsentierte eine unverzichtbare Selbstverteidigungsaktion, die auch von langjährigem, kodifiziertem, und gewohntem internationalen Recht gedeckt ist.

Im Wesentlichen war von Goldestone vor sieben Jahren nicht berichtet worden, dass Gegossenes Blei von Israel nur widerstrebend begonnen wurde und auch nur, um sich gegen nicht enden wollenden und potenziell immer weiter eskalierenden palästinensischen Terrorismus zu wehren.

Seltsamerweise ist selbst heute noch, sogar nach Brüssel, die juristisch nicht unterstützbare Vorstellung der Terror-Bombenanschläge als zulässiger „Widerstand“ zu weit gehend akzeptiert, besonders im islamischen Nahen Osten. Gewöhnlich wird diese Taktik in solch krude unterstützenden Kreisen weiterhin als „heldenhaft“ gefeiert. Alle solchen Ansichten ignorieren nicht nur die offensichtlichen Rechtsverletzungen, insbesondere Verletzungen das grundlegende oder „endgültige“ Prinzip der Diskriminierung oder Unterscheidung (um sorgfältig Schaden für Nichtkombattanten zu vermeiden), sondern auch die authentischen medizinischen und humanitären Konsequenzen dessen, die diese Terroristen so wohlgelaunt entfesseln.

Für Brüssel, für Europa allgemein und ebenso für Amerika bleibt Israel sowohl eine Warnung als auch ein Mikrokosmos. Israel hat seit dem Beginn der Oslo-Friedensvereinbarungen 1993 buchstäblich zahllose Terroranschläge erlitten. Ob von der Hamas, dem Islamischen Jihad oder den Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden – all diese Anschläge haben vorsätzlich eine große Anzahl ungeschützter Zivilisten getötet und verstümmelt, zumeist Frauen und Kinder. Manchmal haben Opferzählungen nach den Anschlägen diese verstümmelten Opfer als „nur verletzt“ bezeichnet, aber das ist eine auffallend schwerwiegende Untertreibung dessen, was die Opfer erleiden.

Diese Untertreibung ist wohl bereits von den überlebenden Opfern der ISIS-Anschläge in Brüssel bereits verstanden worden.

Was bedeutet es, bei einem islamischen „Märtyrer“-Anschlag nur verletzt worden zu sein? Die Antwort ist für die Opfer eines ISIS-Terroranschlags genau dieselbe wie für die Opfer palästinensischer Terrorgruppen. Für die Opfer sind natürlich alle Unterschiede in Ideologie oder Ziel zwischen den Tätern völlig irrelevant.

Das bedeutet unter anderem, dass wir beim systematischen Blick zurück auf israelische Terroropfer mehr darüber lernen können, was den aktuellen Terroropfern in Brüssel geschah und ebenso, was immer man andernorts an den Schnittstellen der Zukunft der Europäer und Amerikaner noch erwarten kann.

Manchmal kann der schmerzhafte menschliche Einfluss auf terroristische Bombenanschläge auf Röntgenaufnahmen zumindest teilweise klar gemacht werden. Zu lange schon haben die Röntgenbilder der Opfer von Terror-Bombenanschlägen in Israel in den Körpern der Opfer – buchstäblich von Kopf bis Fuß – hunderte Metallsplitter gezeigt, die in ihrer Größe von Millimetern bis zu ganzen Nägeln reichen. Hier ist Material, das ursprünglich von zivilisierten menschlichen Wesen für geeignete konstruktive Zwecke geschaffen wurde, von islamischen Terroristen in die grausamste Form von Projektilen verwandelt worden.

In Brüssel gehörten wie in Israel Nägel, Schrauben, Muttern und Metallkugeln in den Plan der Angreifer, um die tödlichen Auswirkungen zu maximieren und außerdem unnötiges Leiden zuzufügen. Diese Objekte werden manchmal noch in Rattengift oder andere verfügbare Gifte getaucht; sie werden wohlüberlegt in Haut, Fleisch und Knochen getrieben und haben das ballistische Äquivalent der Kraft von Gewehrkugeln.

Es geht weiter: Gewöhnlich fliegen die Nägel mit dem Kopf voran, womit sie sich den Radiologen in den Körpern der Opfer in einer seltsam surrealen, aber doch geordneten Anordnung präsentieren. Viele graben sich „nur“ so weit ein, wie lang sie sind. Andere wühlen sich  viel tiefer ein und deponieren sich spürbar unter Haut, wo die untersuchenden Ärzte sie sogar ertasten und ihre fremdartige Anwesenheit fühlen können.

Andere müssen in stundenlangem, akribischen chirurgischem Sondieren entfernt werden. Weitere dringen weit tiefer in den Körper ein, durchbohren und zerreißen wahllos lebenswichtige Organe. In Israel haben Computer-Tomografien der Köpfe dieser Opfer allgemein Blut, Luft, Metall und Knochenfragmente gezeigt, die normales Hirngewebe verdrängen.

Belgische Ärzte können bei den Anschlägen von Brüssel plausibel dieselben Verletzungsmuster erwarten.

Der „glückliche“ Patient, der irgendwie die explosive „Beleidigung“ überlebt hat, wird oft Folge-Operationen benötigen, mit denen die stark beschädigten Organe repariert werden. Andere dürften, wie wir in Brüssel bereits gesehen haben (was „typischen“ Anschlägen in Tel Aviv und Jerusalem folgte) Brüche, Verbrennungen, Amputationen, Gefäßverletzungen, Lähmungen, Blindheid oder Hirnschäden behalten. Heutzutage wird eine kollabierende Lunge oder ein perforierter Dickdarm – eine Beleidigung, die normalerweise als enorme Verletzung angesehen würde – vom Arzt als Segen betrachtet.

Immerhin sind die Opfer hier, ob in Brüssel, Tel Aviv oder Jerusalem, nur verwundet.

Auch wenn einige Opfer von Terrorbomben sich wohl nie physisch erholen und zu einem mehr oder weniger „normalen“ Leben zurückkehren können, werden viele weitere ihr gesamtes Leben mit ständiger Rehabilitation verbringen müssen. Einige werden natürlich dauerhaft behindert sein. Alle werden unter ernsten psychologischen Auswirkungen leiden, die komplexe und teure Behandlung benötigen. Beträchtliche posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen und Angstzustände werden nicht nur die direkten Opfer eines solchen Anschlags beeinträchtigen, sondern auch große Bereiche der Bevölkerung im Umfeld.

Es gibt mehr. Der physische Schmerz, den vielen nur verwundete Opfer von terroristischen Bombenanschlägen erleben, könnte durch die kollaterale Zerstörung menschlicher Sprache erweitert werden. Diese linguistische Entwertung, die nicht durch präzise radiographische Bilder eingefangen werden kann, kann noch einen tief sitzenden Rückfall in bestimmte vorsprachliche menschliche Laute hervorbringen. Was Richter Goldstone in seiner offenkundig ungleichen Bewertung von Israels Operation Gegossenes Blei zu hören verfehlte und was der Rest von uns bei diesen neu zu Opfern gewordenen Unschuldigen in Brüssel vielleicht immer noch nicht zuzugeben gelingt, ist das einzigartig bedauernswerte Stöhnen, das statistischen Maßen immer entgehen.

Am Ende sind es unvermeidlich diese offenkundig unwissenschaftlichen Töne, grässlichen Schreie und Flüstertöne, die jeglichem erlerntem Sprechen komplett vorausgehen – und allen islamischen Terroropfer-Bevölkerungen geläufige Klänge sind – die die tiefsten Bedeutungen von „nur verwundet“ am besten erklären können.