Vor den Wahlen (12): Weiterhin Patt zwischen Likud und der Zionistischen Union

Manfred Gerstenfeld (direkt vom Autor)

Im Verlauf der letzten Woche wurde die politische Diskussion hitziger, war aber weiter nicht fokussiert. Es gab einen kurzen Augenblick der Einigkeit, nachdem MK Uri Orbach von Bayit Yehudi und Minister für Rentenangelegenheiten im Alter von 54 Jahren starb. Politiker aus vielen Parteien des gesamten Spektrums äußerten sich lobend über den Toten.

Die Debatte über Netanyahus geplante Rede vor dem US-Kongress ging weiter. Um zu vermeiden, dass sie zu Wahlpropaganda wird, entschied der Richter am Obersten Gerichtshof Salim Joubran als Vorsitzender der Wahl-Kommission, dass die Rede in Israel nicht live gezeigt werden wird. Eine Verzögerung von fünf Minuten wird den Sendern erlauben alle Elemente herauszuschneiden, die sie als Wahlwerbung betrachten.1 Die Rede wird online in Echtzeit zu sehen sein, womit die Maßnahme weitgehend symbolisch bleibt.

Angesichts der fragmentierten und oft auf niedrigem Level geführten Debatten sagte Präsident Reuven Rivlin auf der Konferenz des Studieninstituts für Nationale Sicherheit, dass die Kandidaten für den Posten des Premierministers sich auf wichtigere Themen konzentrieren sollten. Er nannte dafür den palästinensisch-israelischen Konflikt, Sicherheitsbedrohungen, die wirtschaftliche Lage und den Umgang mit Minderheiten. In Bezug auf die anstehende Rede Netanyahus vor dem US-Kongress merkte Rivlin an, dass die Israelis das Recht haben zuerst zu hören, was Netanyahu zu sagen hat und zwar auf Hebräisch.2

Der Oberste Gerichtshof hob den Ausschluss von MK Hanin Zoabi und Yahad-Kandidat Baruch Marzel auf. Acht Richter stimmten dafür sie wieder zuzulassen, nur einer stimmte dagegen.3 Außenminister Avigdor Lieberman und weitere rechtsgerichtete MKs erklärten, Zoabi für die Knesset kandidieren zu lassen sei vergleichbar mit der Unterstützung von Terrorismus.4

Die marginale Frage der Ausgaben für die Haushaltsführung des Premierministers wurde zu einem der meist diskutierten Themen der Woche. Das Rechnungsprüfungsbüro veröffentlichte einen Bericht zu den Ausgaben für die Residenz des Premierminister, die von 2009 bis 2011 von NIS 1,8 Millionen auf NIS 3,1 Millionen stiegen. 2013 gingen sie auf 2,4 Millionen zurück. Der Bericht erwähnte auch mehrere potenziell kriminelle Probleme in Verbindung mit diesen Ausgaben.5 Der Generalstaatsanwalt wird entscheiden müssen, ob die Polizei zu diesen Fragen ermitteln muss oder nicht.6 Likud-Minister Yuval Steinitz sagte: „2012 waren die Ausgaben von [Präsident] Peres zwanzigmal höher als die Netanyahus.“ Steinitz hinterfragte den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts, zumal der Rechnungsprüfer noch nie die Haushaltsausgaben eines Premierministers untersucht hatte. Steinitz fügte hinzu: „Vielleicht gab der Rechnungsprüfer Druck aus den Medien nach.“7

In Reaktion auf die Kritik lud Netanyahus Ehefrau Sara alle bekannten israelischen Innenarchitekten zu einem Besuch des Wohnhauses ein, um zu bezeugen, dass es nicht ohne Probleme ist. Dieser Besuch wurde gefilmt und online gestellt,8 was zu weiterer Kritik verschiedener Art führte. Der frühere Chef des Inlandsgeheimdienstes, Yuval Diskin, schrieb auf Facebook: „Das Wohnhaus des Premierministers zu filmen ist ein ernster Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen.“ Er fügte an: „Jeder Geheimdienst oder jede Terrororganisation aus dem Ausland würde ein Vermögen dafür zahlen all diese Details zu bekommen.“9

Die Parteien schossen weiter aus dem Hinterhalt. Yesh Atid-Chef Yair Lapid sagte, Israel wäre in einer stärkeren Position zur Verbesserung des anstehenden Abkommens zwischen dem Iran und dem Westen, wenn Premierminister Netanyahu nicht die Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Israel und den USA verursacht hätte.10 Es war ein fragwürdiger Kommentar, da US-Präsident Barack Obama bei zahlreichen Gelegenheiten und schon seit Jahren aus den muslimischen Gemeinschaften kommende extreme Verbrechen klein redet.11

Die Anführer der Zionistischen Union, Isaac Herzog und Tzipi Livni, besuchten zusammen mit ihren leitenden Sicherheitsleuten die Peripherie des Gazastreifens. Ihr „Ausblick auf die Sicherheit sollte auf die Verteidigung, Abschreckung und Veränderung unserer Strategie zur Einleitung und zum Aufbau einer Zukunft und eines Horizonts gründen“, sagte Herzog. Er fügte an, dass der Gazastreifen „eine tickende Zeitbombe bleibt und Netanyahu gegenüber der Hamas versagte“. Netanyahu reagierte in einer Rede in Aschkelon und nannte Livni „eine Gefahr für den Staat“. Er sagte, Livni habe behauptet, sie würde nicht mit der Hamas verhandeln, aber sie besuchte den PA-Präsidenten Mahmud Abbas nur ein paar Tage, bevor dieser ein Einheitsabkommen mit der Hamas unterschrieb.12

Der Likud ist recht erfolgreich darin gewesen die Zuschauer zweier seiner Videos online zu ziehen. Das erste heiß „Der Bibisitter“; darin präsentiert sich Netanyahu als Babysitter für ein junges Paar, das an einem Abend ausgehen möchte. Bibi sagte dem Paar, dass sie zwischen ihm oder Herzog und Livni wählen könnten. Das Paar antwortete, dass es im letzteren Fall ihre Kinder wären, die auf Herzog aufpassen müssten, statt umgekehrt, während Livni irgendwo dazwischen stehen würde. Letzteres bezieht sich auf die Tatsache, dass Livni im Verlauf ihrer bisherigen Wahlkämpfe schon für vier verschiedene Parteien angetreten ist – den Likud, Kadima, Hatnuah und die Zionistische Union.13

Der zweite Clip des Likud heißt Pizza Buji, ein Spiel mit Herzogs Spitznamen „Buji“. Es wurde innerhalb von 12 Stunden fast 500.000 mal angesehen. Ein junger Mann bestellt eine Pizza und stellt fest, dass sie mit einer Beilage von Tzipi Livni kommt, die der junge Mann nicht will. Livni wird als Belastung für die Zionistische Union präsentiert. Herzog will mit Netanyahu direkt debattieren, aber der ist dazu nur bereit, wenn auch Livni teilnimmt, weil Livni und Herzog vereinbart haben, dass sie ihn nach der halben Amtszeit auf dem Stuhl des Premierministers ablösen wird.14

Das Netzwerk der sozialen Medien zerstückelt die Wahlkampagnen und macht es zunehmend schwierig den Entwicklungen zu folgen. Das gilt umso mehr, als einzelne Kandidaten auf ihren Facebook-Seiten ebenfalls mit Botschaften zu ihrem jeweiligen Fachgebiet werben. Derweil hat Herzog das Wahlkampfteam der Zionistischen Union durch Reuven Adler verstärkt, der eng mit dem verstorbenen Premierminister Ariel Sharon zusammenarbeitete.15

Umfragen widersprechen sich einander weiter. Während es Verschiebungen innerhalb mehrerer Blöcke gibt, gibt es solche kaum zwischen ihnen. Der Likud, Israel Beiteinu und Bayit Yehudi haben in der Knesset derzeit 43 Sitze und die meisten Umfragen geben ihnen zusammen 41 bis 43 Sitze. Die Zionistische Union und Meretz haben in der aktuellen Knesset 27 Sitze und könnten nach den Umfragen vielleicht 1 oder 2 dazugewinnen. Die Zentrumspartei Yesh Atid hat zur Zeit 19 Sitze. Die Umfragen sagen, dass sie zusammen mit der anderen Zentrumspartei, der von Kahlon geführten Kulanu, bis zu 20 Sitzen erlangen könnte. Die drei orthodoxen Parteien könnten sich die 18 Sitze teilen, die derzeit die Shas und das Vereinigte Torah-Judentum inne haben. Die Vereinigte Arabische Liste könnte einen Sitz mehr als die jetzigen elf gewinnen.

Umfragen stellen gelegentlich Fragen zu den Favoriten für bestimmte Ministerposten. Eine Umfrage von Walla stellte fest, dass Kahlon durch 34% der Befagten als Finanzminister der Vorzug gegeben wird, gefolgt von Manuel Trajtenberg von der Zionistischen Union mit 17% und Lapid mit 13%. Überraschend war, dass Livni mit 24% die bevorzugte Kandidatin für das Außenministerium ist, gefolgt von Gilad Erdan vom Likud mit 18% und Lieberman mit 17%. Lapid erhielt 14% und Michael Oren von Kulanu 7%.16

 

1 Jonathan Lis: Israeli TV to broadcast Netanyahu’s Congress speech with five-minute delay. Ha’aretz, 16. Februar 2015.
2 Rivlin wants election campaign to refocus on ‘content and values’. Ha’aretz, 16. Februar 2015.
3 Yonah Jeremy Bob: High Court: Zoabi, Marzel back in race. The Jerusalem Post, 19. Februar 2015.
4. Lahav Harkov: Right-wing MKs: Allowing Zoabi to run in election is supporting terrorism. The Jerusalem Post, 19. Februar 2015.
5 Yaron Druckman: Comptroller: Netanyahu family spending raises criminal concern. YNetNews, 17. Februar 2015.
6 Yaniv Kubovich: Israel Police expect investigation of spending at Netanyahu’s residence. Ha’aretz, 4. Februar 2015.
7 GilHoffman/Lahav Harkov: Likud on comptroller report: Peres was worse. The Jerusalem Post, 17. Februar 2015.
8 Watch: Sara Netanyahu takes celebrity interior designer on tour of PM’s residence. The Jerusalem Post, 16. Februar 2015.
9 Hezki Ezra/Cynthia Blank: Diskin: Filming PM’s Residence ‚Serious Breach of Security’. Israel National News, 16. Februar 2015.
10 Niv Elis: Lapid: PM’s US row hurts ability to influence Iran deal. The Jerusalem Post, 19. Februar 2015.
11 Manfred Gerstenfeld: Obama’s Neglicence. The Jerusalem Post, 9. Februar 2015.
12 Gil Hoffman: Netanyahu, Zionist Union spar on security matters. The Jerusalem Post, 19. Februar 2015.
13 Gil Ronen: Netanyahu offers Bibi-sitting services. Israel National News, 31. Januar 2015.
14 Gil Ronen: ‚Pizza Buji‘ Likud Video Goes Mega-Viral. Israel National News, 18. Februar 2015.
15 Lahav Harkov: Zionist Union pulls itself together with ad guru Reuven Adler. The Jerusalem Post, 20. Februar 2015.
16 Tova Dvorin: Who do Israelis want to see as their next ministers? Israel National News, 20. Februar 2015.