Kein Frieden für unsere Zeit

Charles Krauthammer, Washington Post, 20. März 2015 (s. auch: Jewish World Review, 20.03.15)

Von all dem Schwachsinn, der in Reaktion auf Benjamin Netanyahus überwältigenden Wahlsieg geäußert wurde, ist keiner allgegenwärtiger als die Idee, dass die Friedensaussichten jetzt tot sind, weil Netanyahu erklärte, es werde keinen Palästinenserstaat geben, während er Israels Premierminister ist.

Ich habe Neuigkeiten für die blökenden Herden: Es würde auch keinen Frieden und keinen Palästinenserstaat geben, wenn Isaac Herzog Premierminister wäre. Übrigens auch nicht mit Ehud Barak oder Ehud Olmert. Die beiden letzten waren Premierminister (nicht vom Likud), die den Palästinensern ihren eigenen Staat anboten – mit Jerusalem als Hauptstadt und jeder israelischen Siedlung aus dem neuen Palästina entfernt – nur um rüde zurückgewiesen zu werden.

Das ist keine alte Geschichte. Das sind die Jahre 2000, 2001 und 2008 – drei erstaunlich entgegenkommende Friedensangebote innerhalb der letzten 15 Jahre. Jedes einzelne zurückgewiesen.

Die grundlegende Realität bleibt: Diese Generation der Palästinenserführung – von Yassir Arafat bis Mahmud Abbas – hat nie und wird nie ihren Namen unter ein Endstatusabkommen setzen, das das Land mit einem jüdischen Staat teilt. Und ohne das wird keine israelische Regierung welcher Art auch immer einem Palästinenserstaat zustimmen.

Heute jedoch gibt es einen zweiten Grund dafür, dass ein Friedensabkommen unmöglich ist: Die allgegenwärtige Instabilität des gesamten Nahen Ostens. Ein halbes Jahrhundert lang wurde er von Diktatoren geführt, die niemand mochte, aber mit denen man handeln konnte. Das Entflechtungsabkommen mit Syrien 1974 z.B. brachte mehr als vier Jahrzehnte fast vollständiger Ruhe an der Grenze, weil die Assad-Diktatoren es befahlen.

Das autoritäre Regime ist nicht mehr, gestürzt vom Arabischen Frühling. Syrien ist von einem mehrteiligen Bürgerkrieg ruiniert worden, in dem mehr als 200.000 Menschen getötet wurden und der Al-Qaida-Verbündete, Hisbollah-Kämpfer, Regierungstruppen und sogar gelegentlich einen iranischen General an der israelischen Grenze umherstreifen sieht. Wer wird erben? Das weiß niemand.

In den letzten vier Jahren hat Ägypten zwei Revolutionen und drei radikal unterschiedliche Regime erlebt. Der Jemen verwandelte sich derart schnell von einem pro-amerikanscihen Land in einen Anhänger des Iran, dass die Vereinigten Staaten ihre Botschaft in Panic evakuieren mussten. Libyen ist vom wahnsinnigen Autoritarismus Moammar Gaddafis in einen jihadistisch beherrschten Bürgerkrieg übergegangen. Am Mittwoch traf Tunesien, der einzige relative Erfolg des Arabischen Frühlings, ein großer Terroranschlag, von dem der Premierminister sagte, er „zielt auf die Stabilität des Landes“.

Von Mali zum Irak ist alles im Fluss. Durch welche Zauberkraft wäre in diesem Chaos die Westbank – zerrissen von einer bitteren Rivalität zwischen Fatah und Hamas – eine Insel der Stabilität? Was würde irgendeinem israelisch-palästinensischen Friedensabkommen auch nur einen Funken an Haltbarkeit geben?

Es gab eine Zeit, da befehligte Arafat die Palästinenserbewegung in der Art wie Gaddafi Libyen befehligte. Abbas befehligt niemanden. Warum, glauben Sie, ist er im elften Jahr seiner vierjährigen Amtszeit und lehnt es seit fünf Jahren ab Wahlen abzuhalten? Weil er Angst hat, dass er gegen die Hamas verliert.

Mit oder ohne Wahlen könnte die Westbank an die Hamas fallen. Von wo an dann Feuer auf Tel Aviv, den Ben Gurion-Flughafen und das gesamte israelische städtischer Kernland fällt – genauso, wie es im südlichen Israel aus dem Gazastreifen regnet, wenn es der Hamas passt, die diesen ersten Palästinenserstaat in eine terroristische Abschussrampe verwandelt hat.

Jede arabisch-israelische Friedensregelung würde verlangen, dass Israel gefährliche und von Haus aus nicht umkehrbare territoriale Zugeständnisse zur Westbank macht und im Gegenzug Versprechen und Garantien bekommt. Unter den derzeitigen Bedingungen würden diese in Sand geschrieben sein.

Nun, sagen die Kritiker. Israel könnte Garantien von außen erhalten. Garantien? Wie das Memorandum von Budapest aus dem Jahr 1994, in dem die USA, Großbritannien und Russland „die territoriale Integrität“ der Ukraine garantierten? Wie die roten Linien in Syrien? Wie die einstimmigen UNO-Resolutionen, die jede Anreicherung von Uran durch den Iran für illegal erklären – und die jetzt praktisch nicht existent gemacht wurden?

Frieden setzt drei Dinge voraus. Dass die Palästinenser endlich einen jüdischen Staat akzeptieren. Dass ein Palästinenserführer bereit ist ein Abkommen unterschreiben, das auf dieser Voraussetzung gründet. Ein Mindestmaß an regionaler Stabilität, die es Israel gestattet die potenziell tödlichen Abzüge zu riskieren, die ein solches Abkommen mit sich bringt.

Ich glaube, ein solcher Tag wird kommen. Doch es gibt jetzt oder kurzfristig absolut keine Chance dafür. Das ist im Wesentlichen das, was Netanyahu am Donnerstag sagte, als er seine „Kein Staat Palästina“-Äußerung erklärte (und abschwächte).

In der Zwischenzeit verstehe ich die erdrückende Enttäuschung der Obama-Administration und ihrer Medien-Pudel angesichts des spektakulären Erfolgs des Führungspolitikers aus dem Ausland, den sie mehr als alles andere auf dem Planeten hassen. Das folgerichtige Schäumen und Spritzen sind verständlich, wenn auch ungebührlich. Netanyahu für verscheuchten Frieden verantwortlich zu machen ist jedoch hirnlos.