Delegationen und Solidaritätsreisen hunderter Anhänger aus Kirchen in aller Welt besuchen die Stätten des von der Hamas angerichteten Blutbads und stärken dabei die Überlebenden.
Canaan Lidor, The Times of Israel, 19. Februar 2024
Als er im Bombenschutzraum des Ben Gurion-Flughafens darauf wartete, dass die Sirene des Raketenalarms endete, wünschte sich Jani Salokangas, er könne in Israel bleiben und müsste nicht zurück zu seiner Frau und den fünf Kindern in Finnland fliegen. „Ich war traurig, dass ich wieder weg musste. Ich wollte bleiben und etwas tun“, sagte Salokangas, ein 40-jähriger, pro-israelischer christlicher Gemeindeleiter, der am 7. Oktober in Israel war, um eine Delegation von 80 Personen seiner Kirche zu anzuführen.
Vier Monate nach Beginn, des Krieges, der mit dem Ansturm der Hamas begann, kehrte Salokangas letzten Monat mit einer neuen Delegation aus Finnland nach Israel zurück; er nahm die Leute auf einer Solidaritätsreise mit in Israels Süden, bei der sie Freiwilligenarbeit leisteten, Zeugen der Verbrechen der Hamas wurden und viel für Israels Erfolg beteten.
Seine Delegation war eine von Dutzenden Besuchen christlicher Gruppen, die auf Solidaritätsreisen – manchmal unter Beschuss – nach Israel zurückkehren, ins Epizentrum von Tragödie. Die Besucher, die sich untrennbar mit Israel und dem Judentum verbunden fühlen, betrachten den Krieg als Anbruch einer neuen und engeren jüdisch-christlichen Allianz, die letztes Jahr durch das Handeln jüdischer Fanatiker in Jerusalem strapaziert worden war.
Diese Taten – darunter Belästigung von Priestern und Pilgern in der Altstadt und eine lautstarke Protestkundgebung am 28. Mai nahe der Westmauer gegen christliches Gebet – waren laut David Parsons, dem Vizepräsidenten der Interationalen Christlichen Botschaft Jerusalem, „besorgniserregend“. Aber „nach dem 7. Oktober hatten das die meisten pro-israelischen Christen schnell vergessen“, fügte Parsons hinzu, dessen prominente pro-israelische christliche Gruppe 1980 gegründet wurde.
In einem Artikel auf Hebräisch in Ma’ariv im Juni beschrieb der Präsident der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem Dr. Jürgen Bühler die Ereignisse vom 28. Mai als beispiellos. „Es war eines der wenigen Male in Israel, in denen ich einen tätlichen Angriff befürchtete. Ich habe solche Feindseligkeit nie zuvor erlebt“, sagte Bühler, ein in Deutschland geborener und ordinierter Pastor und Arzt, der seit 1994 in Israel lebt und der zwei Söhne hat, die in Kampfeinheiten der Israelischen Verteidigungskräfte dienen.
Die Giftigkeit in Mai „richtete sich gegen Leute, die eine Menge Geld für eine Reise nach Israel ausgegeben hatte und das war eine sehr schlechte Erfahrung für sie im Heiligen Land. Ich finde das extrem bedauerlich“, sagte Bühler gegenüber Ma’ariv.
Zu dem Protest gehörten mehrere hundert Demonstranten; er wurde vom stellvertretenden Bürgermeister von Jerusalem Aryeh King angeführt. Die Demonstranten, von denen einige sich ein Handgemenge mit der Polizei lieferten, brüllten die Christen an, die sich nahe der Westmauer versammelt hatten, sie sollten „zurückgehen“ und „aufhören zu missionieren“.
Diesem Protest folgte ein Schwall an Vorfällen mit Klerikern in Jerusalem. Orthodoxe Juden sind in Dutzenden Fällen von vor den Priestern und anderen Christen auf den Boden zu spucken. Ein weiterer solcher Vorfall ereignete sich diesen Monat und führte zur Verhaftung von zwei Personen, die verdächtig sind vor einem katholischen Priester auf den Boden gespuckt zu haben, eine Tat, die als Hassverbrechen angeklagt werden kann.
Aber die Ereignisse vom 7. Oktober, als rund 3.000 Hamas-Terroristen nach Israel eindrangen und etwa 1.200 Menschen ermordeten sowie weitere Kriegsverbrechen begingen, „haben die Probleme in den Schatten gestellt, die wir vorher hatten und haben die Verbundenheit der christlichen Welt zu Israel sehr vertieft“, sagte Parsons.
„Wir reden von einer emotionalen Verbindung, die bedeutet, dass das Erste ist, was zahllose pro-israelische Christen tun, wenn sie morgens aufstehen, nach Neuigkeiten sehen, was dort passiert“, fügte Parsons hinzu, der in North Carolina geboren ist, aber seit mehr als 30 Jahren mit seiner in den Niederlanden geborenen Frau in Israel lebt. Das Paar hat einen 24 Jahre alten Sohn, der in Israel geboren ist.
Sich ändernde Einstellungen bei früher unerschütterlichen Unterstützern
Die Spannungen um christenfeindliche Belästigungen traf mit breiteren Änderungen zusammen, die die Einstellungen zu Israel innerhalb evangelikaler Kreise neu formten, so ein neues Buch der beiden Forscher Motti Inbari und Kirill Bumin. In dem Buch mit dem Title „Christlicher Zionismus und das 21. Jahrhundert: Amerikanische evangelikale Meinung zu Israel“ zeigen sie in einer Reihe von Umfragen, wie die Unterstützung für Israel bei Evangelikalen abgenommen hat, während die Unterstützung für die Palästinenser zunimmt.
Eine Meinungsumfrage von 2018 bei Evangelikalen unter 30 Jahren zeigte Unterstützung für Israel bei 68,9% und für die Palästinenser bei 5%. Aber in einer Folgestudie von 2021 fiel die Unterstützung für Israel auf nur noch 33,6%, während die Unterstützung für die Palästinenser auf 24,3% stieg. Inbari sagte, die Zahlen könnten „eine Jugendrebellion“ bei Evangelikalen spiegeln, „die der Politik ihrer Eltern trotzen“. Soziale Medien, fügte er hinzu, könnten ebenfalls eine Rolle spielen.
Trotzdem eint die Unterstützung Israels viele Millionen evangelikale Christen weltweit und tausende davon leben in Gesellschaften, wo Israel nicht sonderlich beliebt ist, wie z.B. in Norwegen.
Dag Juliussen, der Leiter der norwegischen Arbeiten der Interationalen Botschaft Jerusalem, sagt, dass der Krieg die Unterstützung für Israel in Norwegen wachrüttelt; dort nahmen vor kurzem hunderte Menschen an einer Solidaritätswache teil, die zum ersten Mal in der Geschichte von den katholischen Bischöfen des Landes offiziell unterstützt wurde.
Auch der 51-jährige dreifache Vater aus der Nähe von Oslo reiste nach dem 7. Oktober als Leiter mit einer Delegation nach Israel. Wie Salokangas kam Juliussen diesen Monat mit der ersten großen christlichen Delegation aus Norwegen seit dem Krieg wieder.
„Wir sind hier, um das jüdische Volk zu trösten, was unsere erklärte Aufgabe ist, aber wir sind auch hier, um Zeugen für das zu sein, was Israel und seinem Volk angetan wurde“, sagte Juliussen.
Christen für Israel, eine Gruppe aus den Niederlanden, organisierte eine der ersten Delegationen, die nach dem 7. Oktober nach Israel kam und hat seitdem Dutzende Aktivisten in den Süden gebracht, während die Hamas noch hunderte Raketen am Tag schoss. Eine der Aktivitäten der Delegation bestand darin in Sderot Tulpen, die Nationalblume der Niederland, zu pflanzen.
Während des Kriegs hat Christen für Israel zahlreiche Kundgebungen in den Niederlanden veranstaltet, wo Israel vor den Internationalen Strafgerichtshof wegen Völkermord angeklagt ist, eine Beschuldigung, die Israel und seine Verbündeten uneingeschränkt zurückweisen.
Eine langjährige Beziehung
Viele der christlichen Delegationen, die zu Besuch kommen, haben langjährige Beziehungen zu Gemeinden nahe am Gazastreifen, denen christliche Organisationen seit Jahren spenden, weil die Hamas diese Orte seit 2001 mit Raketenfeuer ins Visier nimmt.
Am 5. Oktober brachte die Internationale Botschaft Jerusalem 600 Christen zu einem Treffen mit Ofir Libstein, dem Bürgermeister des Scha’ar HaNegev Regionalrats bei Sderot. Am 7. Oktober wurden Libstein von Terroristen ermordet.
„Das sind Menschen, die wir seit Jahren kannte, das sind Orte, die wir kennen, das ist für uns kein abstrakter Konflikt“, sagte Paul Webber, ein 60-jähriger fünffacher Vater, der in Arizona lebt. Letzten Monat leitete Webber eine Delegation aus Mitgliedern von Passages, einer pro-israelischen Gruppe, die mehr als 11.000 junge Christen zu Besuch nach Israel gebracht hat.
Er fügte hinzu: Die Überlebenden, die die Delegation von Passages letzten Monat traf, „schienen mit Narben übersät, fürs Leben verändert […] Man konnte erkennen, dass sie den Horror, den sie erlebt hatten, wieder und wieder sehen“, sagt er. „Es gibt dafür keine Worte. Es gibt keine Worte für die Schrecken, das Böse, das sich dort ereignete.“
Passages Spendete $500.000 für psychologische Hilfe für die Überlebenden von Kfar Aza und Netiv Ha’asara, die beiden vom 7. Oktober am schwersten getroffenen Gemeinden, zu denen Passages langjährige Beziehung hat.
Weiter $20 Millionen für die Menschen im Süden Israels kamen von der International Fellowship of Christians and Jews, die von Yael Eckstein geleitet wird, Tochter von IFCJ-Gründer Yechiel Eckstein. Die große Stiftung finanziert sich mit Spenden von Christen, um jährlich tausenden Israelis und anderen Juden zu helfen.
Die Internationale Christliche Botschaft Jerusalem hat weitere Millionen gesammelt, von dem einiges in die Verbesserung von Bunkern und andere Aktivitäten geflossen sind, um auf Krieg vorbereitet zu sein.
„Ich hoffe, wenn Juden sehen, dass Christen eine stärker sichtbare Präsenz einnehmen, die Beziehungen sich verbessern. Ich hoffe, das bringt uns als Familie näher zusammen“, sagte Webber.
Juliussen aus Norwegen bezweifelt hingegen, dass christliche Solidarität die Meinung jüdischer Extremisten ändern wird. „Wer immer glaubt, dass Christen nur darauf aus sind zu missionieren, wird diese Taten wahrscheinlich als Missionsstrategie betrachten“, sagte er. Der Weg nach vorne, meinte er, „führt über Liebe, die wir Christen trotz der Herausforderungen aufrechterhalten müssen.“
Der Krieg mit der Hamas hat die Spannungen um die jüdischen Radikalen relativiert, so Bischof Paul Lanier, Vorsitzender des Vorstands der International Fellowship of Christians and Jews.
Der Gebetsvorfall vom 28. Mai an der Westmauer schockierte Lanier und machte ihm Sorgen, so wie es frühere Belästigungen auch taten, sagte der Kirchenleiter aus Winston Salem in North Carolina. „Es war grotesk Personen zu sehen die Christen bespuckten, wo immer die sich auf den Straßen befanden und still ihren Glauben lebten“, erinnert er sich.
Am 3. Oktober verurteilte Premierminister Benjamin Netanyahu öffentlich christenfeindliche Belästigungen und „ging darauf ein“, sagte Lanier, 63-jähriger zweifacher Vater. „Wir haben den Luxus in Friedenszeiten spitzfindig herumzumäkeln und territorial zu werden“, sagte er. „Ich denke, es gibt keine Zweifel, dass das Massaker das Problem völlig in den Hintergrund drängt, das nach meiner Überzeugung jetzt hinter uns liegt.“
[Anmerkung des Übersetzers: Die üblen Aktionen dieser orthodoxen Extremisten wurden von kirchlichen Israelfeinden gewaltig gepuscht und aufgebauscht, weit über ihre tatsächliche Bedeutung hinaus. Und sie haben kaum die Ursache geliefert, dass junge Evangelikale in den USA nicht mehr so hinter Israel stehen wie früher, sondern die Ursache dafür ist durch in den massiv israelfeindlichen Medien zu finden, besonders in Kampagnen in den sozialen Medien, außerdem in den Bildungseinrichtungen, die im Allgemeinen links-antiisraelisch sind. Es passt aber wieder einmal, dass die linke Times of Israel sich daran aufhängt und die Vorfälle in den Vordergrund schiebt.]