Wow: Jeremy Corbyn glaubt tatsächlich, dass Juden nicht vor 1945 ins damalige Palästina immigrierten!

Daled Amos, Elder of  Ziyon, 4. September 2018

Letzte Woche zeigte Elder of Ziyon, dass Jeremy Corbyn die Geschichte ignoriert:

Hier ist das, was Corbyn sagte:

Ich wurde damit aufgezogen, dass Israel auf einem leeren Stück Land gegründet wurde und dass sie es schafften die Wüsten zum Blühen zu bringen und dass sie Sachen bauten, wo vorher nichts war. Jeder, der die Geschichte der Region studiert, weiß, dass Palästina am Ende des Zweiten Weltkriegs – im Zeitraum von 1945 bis 1948 – Medien hatte, Industrie hatte, Bildung, Universitäten, einen für die gesamte Region relativ hohen Lebensstandard und eine einheitliche Gesellschaft und ein einheitlicher Staat war. Es war eine Verunglimpfung dessen, die es ermöglichte die westliche Meinung zur Unterstützung Israels zusammenzusetzen.

Corbyn behauptet, dass die bereits um 1945 bis 1948 vorhandene Infrastruktur beweise, dass Juden wenig zum Land beitrugen.

Aber warum 1945 bis 1948?

Offenbar nimmt Corbyn an, dass Juden erst 1945 anfingen in das damalige Palästina zu immigrieren – als Holocaust-Flüchtlinge.

Die erste große Welle jüdischer Immigration fand während der Aliyah Aleph von 1882 bis 1903 statt, der von 1934 bis 1948 die Aliyah Bet folgte, eine Reaktion auf Nazideutschland. Selbst die Aliyah Bet teilt sich in zwei Phasen: 1934 bis 1942 war sie ein Versuch Juden zu helfen der Verfolgung und dem Völkermord durch die Nazis zu entkommen; 1945 bis 1949 (die Daten, auf die Corbyn sich bezieht) waren der Versuch Heime für jüdische Überlebende zu finden.

Aber jüdische Beiträge zu Gründung der Infrastruktur Palästinas gehen mehr als ein Jahrhundert weiter zurück.

In seinem Buch „Jerusalem: A Biography“ vermerkt Simon Sebag Montefiore nebenher die Verhältnisse des Landes 100 Jahre vor 1948:

Es gab keine Kutsche, nur verhängte Sänften. Sie besaßen praktisch keine Hotels oder Banken, die Besucher übernachteten in Klöstern; am komfortabelsten war das Amerikanische mit seinen eleganten, luftigen Innenhöfen. Aber 1843 gründete ein russischer Juden namens Menachem Mendel das erste Hotel, das Kaminitz, dem bald das Englische Hotel folgte; und 1848 eröffnete eine sephardische Familie, die Valeros, die erste europäische Bank in einem Raum ein paar Stufen abseits der David-Straße. (S. 360, Hervorhebung hinzugefügt)

Werfen wir einen Blick auf diese und andere Beiträge, die Juden zur palästinensischen Infrastruktur beitrugen, die zur Wiedergründung Israels führten.

Hotels

Die Jerusalem Post hat einen Artikel zum Hintergrund des Kaminitz von Menachem Mendel:

Er und seine Gattin kamen am ersten Tag des Monats Elul [1833] in Haifa an und reisten weiter nach Safed, wo sie sich einer Gemeinschaft frommer Jünger des Gaon von Wilna anschlossen. Diese Gemeinschaft wurde 1810 gegründet, zwei Jahrhunderte vor heute [2010] und 138 Jahre vor der Gründung des Staates Israel.

… Noch in Europa [während er Gelder für die jüdische Gemeinschaft in Israel sammelte] veröffentlichte er das, was der erste Leitfaden für Immigranten und Touristen im Heiligen Land gewesen sein dürfte. Unter dem Titel Korot Ha’itim (Geschehnisse der Zeit) dokumentiert das Buch die Härten, denen im Heiligen Land lebende Juden ausgesetzt waren, insbesondere während der Krawalle in Safed und dem Erdbeben [1837]. Aber es beinhaltet auch nützliche Ratschläge und viele positive Anmerkungen zum Land trotz der Gefahren und der Schwierigkeiten, die Menachem Mendel durchlitt. Das Buch wurde 1839 in Wilna veröffentlicht. 1841 wurde in Warschau für die Menschen, die nicht ausreichend Hebräisch konnten, eine Jiddische Übersetzung veröffentlicht.

Banken

Jacob Valero immigrierte ebenfalls mehr als ein Jahrhundert vor der Wiedergründung Israels nach Israel:

Er wurde 1813 in Istanbul geboren und seine Familie kam aus der Türkei ins Israel vor der Staatsgründung. Später wurde er Geldwechsler. 1848 gründete Valero zusammen mit einer Rihe weiterer örtliche Geschäftsleute die Bank in einer kleinen Zweizimmer-Wohnung in der Altstadt Jerusalems nahe des Jaffa-Tors.

… Als die Aktivitäten der Bank ausgeweitet wurden, eröffnete sie zwei weiter Filialen in Damaskus und Jaffa.

… Valero wurde wegen seiner Verbindungen zu den osmanischen Herrschern in Jerusalem und Istanbul sowie zu globalen Persönlichkeiten, die die Dienste seiner Bank nutzten, zum Lokalhelden. Er war eine vornehme Person der örtlichen Szene, die in den letzten Tagen des Osmanischen Reichs florierte und eine Reihe der Ehren erhielt, die die auseinanderfallende osmanische Regierung lokalen Würdenträgern in Regionen mit großer Entfernung zu ihrem Zentrum ausgab.

Strom

Dann gibt es noch Pinhas Rutenberg, der 1919 immigrierte. Rutenberg gründete die Palestine Electric Company, die später zur Israel Electric Company wurde. 1921 erteilten ihm die Briten die Strom-Konzession für Jaffa und später für Jordanien. Die Jaffa Electric Company erstellte 1923 ein Netz, das schließlich Jaffa, Tel Aviv, die Umgebung und britische Militäranlagen in Sarafend [zwischen Rischon Letzion und Be’er Ya‘akov] abdeckte. Er erhielt Unterstützung des damaligen Kolonialministers Winston Churchill.

Die Palestine Electric Company Ltd. In den frühen 1920-er Jahren (Foto: Public Domain)

Rutenberg hat zudem den Ruf 1925 der erste Bürger Palästinas unter dem britischen Mandat zu sein, als die Briten ein Gesetz zur Schaffung palästinensischer Staatsbürgerschaft erließen.

Flugreisen

Außerdem gründete Rutenberg die Palestine Airways.

Fünfsitziges Linienflugzeug der Palestine Airways 1934.

Beachten Sie, dass der Name auf Hebräisch „Israel Airways“ lautete, ähnlich wie die Münzen und Briefmarken während des britischen Mandats, die die Abkürzung für „Erez Yisrael“ auf Hebräisch trugen.

1937 wurde die Fluggesellschaft bis 1940 vom Britischen Luftfahrtministerium übernommen; die Absicht war sie irgendwann wieder in Privathand zu überführen. Sie operierte von Juli 1937 bis August 1940. Palestine Airways stellte den Betrieb ein, als ihr Flugzeug von RAF für den Kriegseinsatz übernommen wurde.

Pottasche

Während Rutenberg die Stromkonzession gewährt wurde, erhielt Mosche Novomeysky – unter Schhwierigkeiten – die Erlaubnis von den Briten im Bereich des Toten Meeres Material zu fördern. Er immigrierte 1920 nach Israel und entwickelte die Palestine Potash Company, die zu den Dead Sea Works wurde. Novomoeysky legte Wert darauf gute Beziehungen zu den Arabern in der Gegend zu entwickeln. Wegen seines Rufs blieben Kibbuzim, die er gründet von den antijüdischen Krawallen 1936 bis 1939 verschont.

Denkmal für Mosche Novomeysky bei den Dead Sea Works (Foto: Dr. Avishai Teicher Pikiwiki Israel)

Bäckerei

Bäckerei Angel ist nicht die erste Bäckerei in Israel – Salomon Angel kauften die Bäckerei Trachtenberg in Bayit VeGan auf, als sie 1927 bankrott war:

Es gab einen primitiven Ofen, zu dem die gesamte Nachbarschaft kam, um ihre Töpfe mit Hamin [ein langsam gekochtes Essen für den Sabbat, das Aschkenasim als Tscholent kennen] dort zu lassen und dann darüber zu streiten, wem welcher Topf gehört“, erinnert sich Vicky Angel, Dannys Witwe, als sie sich an die frühen Tag der Bäckerei Angel erinnerte.

Salomon Angel selbst war Jerusalemer der siebten Generation, Mitglied einer sephardischen Familie, die ihre Abstammung auf Juden zurückführt, die 1492 aus Spanien vertrieben wurden.

Sie können eine Vorstellung davon bekommen, dass nach Angaben des Historikers Howard Sachar

1930 bereits 1.500 von Juden betriebene Fabriken und Werkstätten Textilien, Kleidung, Metallwaren, Nutzholz, Chemikalien, Steine und Zement herstellten, die eine kompletten Kapitalwert von rund 1 Milliono PL (palästinensische Lira) hatten.

Aber die jüdischen Beiträge hörten 1930 nicht auf.

Radio

Das Institute für Palestine Studies hat einen Artikel zum Radio Jerusalem, das 1936 den Betrieb aufnahm, „nur zwei Jahre nach der Gründung des ersten offiziellen arabischen Radiosenders in Kairo (Mitte 1934) und ein Jahr vor dem Tod des berühmten italienischen Physikers Marconi (1937).“ Es wurde von den britischen Mandatsbehörden gegründet und sendete auf Arabisch, Hebräisch und Englisch. Aber 4 Jahre zuvor hatten die Briten 1932 Mendel Abramowitsch eine Lizenz erteilt. Sein Sender wurde als Radio Tel Aviv bekannt und sendete bis April 1935, als die Briten ihm die Lizenz wieder entzogen, um den Palestine Broadcasting Service vorzubereiten.

Krankenhäuser

Nach Angaben des Artikels „Gesundheitsdienst für Beduinen im Mandat Palästina“ während der osmanischen Herrschaft von 1516 bis 1917 mussten die palästinensischen Araber

sich in erster Linie auf traditionelle Medizin einschließlich Kräutermedizin, Knochenrichtung durch Kauterisation, Aderlass, Einsatz von Blutegeln, Schropf-Behandlung sowie Amulett-Nutzer, Hebammen und (männliche) religiöse Heiler verlassen.

Vor diesem Hintergrund wurde 1854 im Jüdischen Viertel der Altstadt das Rothschild-Krankenhaus gegründet. Als es zu viele Patienten gab, als dass man sie dort behandeln konnte, wurde außerhalb der Altstadt ein neues Krankenhaus gebaut. Das Hospital wurde von Dr. Bernhard Neumann geleitet, der aus Warschau stammte und in Krakau und Wien studiert hatte. ER war seit 1847 in Jerusalem gewesen. Es bot allen Patienten ohne Rücksicht auf Religion oder Nationalität kostenlose Behandlung; 1918 wurde es von Hadassah übernommen und wurde z u Israels erstem Hadassah-Krankenhaus. Dem Rothschild-Krankenhaus folgten in Jerusalem zwei weitere, Bikur Holim und Misgav Ladach. Ein weiteres von Rothschild finanziertes Krankenhaus wurde später in Zichron Yaakov für die Bauern und Arbeiter in der Gegend eingerichtet.

Das Originalschild des Rotschild-Krankenhauses (Foto: Yoninah)

Das Sachar rundet das Bild ab:

Hadassahs engagierte Massenmitgliedschaft hatte bis 1930 in Palästina vier Krankenhäuser eingerichtet, eine Pflegeschule, 50 Kliniken, Labore und Apotheken sowie einen exzellenten Entbindungs- und Kinderhygienedienst in den meisten Städten und einer Reihe größerer Dörfer. Die WIZO (Women’s International Zionist Organization) betrieb in Tel Aviv drei Säuglingsfürsorgezentren.

Eisenbahn

Ein Artikel im Middle East Monitor klingt fast so, als hätte er eine Quelle für Corbyns obige Äußerung über jüdische „Verunglimpfung“ arabischer Leistungen sein können.

Die Eisenbahn Jaffa-Jerusalem, die 1892 unter osmanischer Herrschaft eröffnet wurde, war die erste in Palästina gebaute Eisenbahn und eine ersten, die im Nahen Osten gebaut wurde. Als damals wichtige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung wurde die Strecke nacheinander von den Franzosen, den Osmanen und nach dem Ersten Weltkrieg von den Briten betrieben, die beauftragt waren Palästina zu verwalten. Die Eisenbahnverwaltung wurde 1920 an die Palestine Railway übertragen, einer Gesellschaft, die der britischen Mandatsregierung gehörte.

Tatsächlich wurde die Eisenbahnlinie zwar unter osmanischer Herrschaft eröffnet, aber die Türken hatten wenig damit zu tun sie möglich zu machen, bis auf die Genehmigung, die sie anderen für den Bau gaben. Und sie wurde dann nur von den Franzosen betrieben.

Die hauptsächlich für den Betrieb der Eisenbahn Jaffa-Jerusalem verantwortliche Person war Yosef Navon, ein jüdischer Unternehmer aus Jerusalem. Er verbrachte drei Jahre in Konstantinopel, u m für das Projekt zu werben und erhielt 1888 vom Osmanischen Reich die Genehmigung, die die Erlaubnis einschloss die Linie nach Gaza und Nablus zu erweitern. Weil er nicht genug Kapital hatte, um das Projekt voranzubringen, ging Navon 1889 nach Europa, um einen Käufer für die Konzession zu finden, was ihm schließlich gelang – in Frankreich. Eine französische Firma, mit Navon als Mitglied ihres Direktoriums, baute die Eisenbahn. Sie begann ihren Betrieb 1892 und gilt als erste Eisenbahn des Nahen Ostens.

Ein Zug erreicht in den 1809-ern den Bahnhof von Jerusalem, die erste Eisenbahn im Nahen Osten. (Foto: Public Domain)

Dies ist keine vollständige Liste der jüdischen Unternehmen und Projekte, aber sie vermittelt eine Vorstellung des Ausmaßes jüdischer Beiträge zu Palästina während der etwa hundert Jahre, die dem britischen Mandat und der Wiedergründung Israels voraus gingen.

Immerhin, so schreibt Sachar, entwickelte der Jischuw zusätzlich zur industriellen und wirtschaftlichen Infrastruktur

seine eigene Quasi-Regierung, sein eigene, weitgehend autonome landwirtschaftliche und industrielle Ökonomie und seine eigenen öffentlichen und sozialen Institutionen.

Offenbar besteht eines der Probleme, die Jeremy Corbyn im freundschaftlichen Verkehr mit Terroristen hat, darin, dass seine Äußerungen über Juden und Israel nichts mehr als einer Durchschrift ihrer Narrative und Fälschungen werden.