Über fehlgeleitete Konzepte und das Justizsystem

Die Farce im Gericht in Den Haag hat uns der Frage ausgesetzt, der wir bisher ausgewichen sind: Welche Verantwortung trägt das Gericht am Versagen des 7. Oktobers und wie half es den Irrglauben zu schaffen, der in Stücke geschlagen wurde?

Dror Eydar, Israel HaYom, 23. Mai 2024

Abimelech überreicht David das Schwert des Goliath (Foto: Arent de Gelder, Public domain, via Wikimedia Commons)

1.

Gerechtigkeit strebt nach Wahrheit du das ist das höchste Ziel der Menschheit – Gerechtigkeit anzustreben. Moses erklärte, wenn die Menschen zu ihm kommen, damit er urteilt, selbst in unbedeutenden Dingen, dann kamen sie tatsächlich „um bei Gott nachzufragen!“ Aber der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag strebt nicht nach der Wahrheit, sondern nach eher nach Israels Kopf. Er veranschaulicht die Worte des Propheten: „Er wartete auf Gerechtigkeit und siehe da – Schlechtigkeit; auf Güte und Erbarmen, und siehe da – Frevel!“ (Jesaja 5,7) Die Juden stören die Weltordnung, an die wir gewöhnt sind; sie lehnen es ab die Rolle des Opfers zu spielen, die ihnen zugewiesen ist. Schlimmer noch: Sie bekämpfen ihre Feinde und geben der Welt eine Lektion in der Beseitigung des Bösen. Das ist unentschuldbar.

Das Urteil der Richter stand seit Beginn des Krieges fest. Seit dem Moment, als der Gründungs-Ankläger des IStGH, Louis Moreno Ocampo, twitterte, Israel plane tausende zu töten und der Hamas-Herrschaft ein Ende zu setzen, erklärte, dass IDF-Operationen im Gazastreifen ein „Pogrom“ seien und festlegte, Zivilisten zu töten und auszuhungern sei eine „kriminelle Reaktion“ auf die Hamas mit allen dazugehörenden juristischen Folgen.

2.

Trotzdem sind wir ein ewiges Volk, unsere Feinde kommen und gehen, während wir bleiben und vorwärtsgehen. Wir haben in der Welt eine moralische Verpflichtung. Die westliche Zivilisation, die freie Welt und die gesamte Menschheit werden von starken Kräften bedroht, die versuchen sie im Namen eines Todeskults zu unterjochen. Die Blindheit ist derart groß, dass demokratische Länder diese Woche Kondolenzschreiben an den ran schickten, weil der Henker von Teheran, der den Tod zehntausender seiner Landsleute verursachte, tot ist. Die UNO setzte ihre Flagge auf Halbmast, ein Zeichen der Trauer wegen des Todes des Mannes, der sein Leben dem Krieg nicht nur gegen Israel, sondern gegen den gesamten Westen verschrieben hatte.

Sofort nachdem Jesaja von Gerechtigkeit redet, die zu Ungerechtigkeit wird, definiert er präzise, was er sah, wenn er von denen spricht, „die dem Schuldigen Recht geben um eines Geschenkes willen, aber dem Gerechten seine Gerechtigkeit absprechen“ (Jesaja 5,23). Die Bestechung ist in unserem Fall eine sehr große, mit der Achse des Bösen kann man eine Menge Geschäfte machen, sogar Elite-Universitäten im Westen finanzieren. Aber Bestechung erfolgt nicht nur durch Geld, sondern auch durch Vorurteile (man sagt von einem Menschen mit einer Vorprägung „er ist voreingenommen“). Antisemitismus nährt ideologische Bestechung, bis viele im Westen blind sind, was verhindert zu sehen, dass nicht nur Israel dem Bösen gegenübersteht, sondern dass sie sich selbst in viel größerer Gefahr befinden.

3.

Seit dem 7. Oktober hat sich der öffentliche Diskurs in Israel um die Frage der Verantwortung unserer politischen und militärischen Führung gedreht. Wir haben fast nichts zur Verantwortung der Justiz gehört. Seit Jahren halten die Gerichte im Namen der Menschenrechte die IDF in ihrem Krieg gegen den Terror zurück. Richter Aharon Barack rechtfertigt das damit, dass Demokratien manchmal mit einer auf dem Rücken festgebundenen Hand kämpfen müssen. Die Idee ist interessant und wir sollten in der Tat nicht alles tun, das unseren Feinden erlaubt ist. Die Frage ist nur, wo hier die Grenze gezogen wird. Das hing dann nicht vom Gesetz ab – heißt, die Bürger stimmen dem zu, wie das Land agiert – sondern von der Weltanschauung der Richter. Im Licht ihrer Weltanschauung verschärften sie die Regeln für das Eröffnen des Feuers, verhinderten, dass die IDF bewährte Operationsmethoden einsetzten und blockierten effektive Versuche den Grenzzaun am Gazastreifen zu verteidigen. Die entlang des Grenzzauns veranstalteten Demonstrationen einige Jahre vor dem Angriff, sollten Informationen sammeln und die IDF an die „gewaltfreien“ Näherungen der Terroristen gewöhnen. Wir haben die Worte unserer Weisen über diejenigen wahr gemacht, die mitleidig zu den Grausamen geworden sind und dann grausam zu den Mitfühlenden wurden (Midrasch-Tanhuma).

Die Anmaßung von Rechtsgelehrten, ausschließlich sie dürften zu philosophischen und moralischen Fragen urteilen und die öffentliche Debatte und deren Schlussfolgerungen überspringen, steht ebenfalls mit diesem großen Versagen am 7. Oktober in Zusammenhang. Denn jetzt, wo wir einem juristischen Text seitens der Nationen der Welt gegenüberstehen, fielen die Rechtschaffenheit unseres Gerichts und die von ihm verhängten Einschränkungen nicht zu unseren Gunsten aus. Die Welt war von unserem Justizsystem oder von der nie da gewesenen humanitären Hilfe, die wir unseren Feinden geboten haben, nicht überzeugt. Stimmt, es gibt manchmal Dinge, die wir aufgrund moralischer Gründe tun und zweifelsohne kann es keine Gleichsetzung der Hamas-Monster mit den Soldaten der IDF geben. Wir haben aber jetzt herausgefunden, dass einige diese Einschränkungen übertrieben waren und sie führten zur Ausweitung des Krieges und forderten einen unnötig hohen Preis an Menschenleben.

4.

In Isaiah Berlins „Two Concepts of Liberty“ (Zwei Konzepte der Freiheit, 1958) warnte der britisch-jüdische Philosoph vor der Gefahr totalitärer Ideen, die ausgerechnet von denen nicht beachtet werden, die ausgebildet sind kritisch über Ideen nachzudenken. Er sah nie die Besetzung von Elite-Universitäten durch Anhänger der zeitgenössischen Version des Nationalsozialismus mit der öffentlichen oder stillschweigenden Unterstützung einiger Dozenten. Es ist so, als hätte Berlin unsere Zeiten vorausgesagt: Wenn die Kritik an fanatischen sozialen oder politischen Doktrinen im Namen der politischen Korrektheit unterlassen wird – oder schlimmer der Westen, angeführt von Israel, wird zur Quelle des globalen Bösen – dann „entwickeln diese Ideen manchmal eine ungebremste Dynamik und eine unwiderstehliche Macht über Scharen an Menschen, die zu gewalttätig werden können, um von rationaler Kritik beeinflusst zu werden“.

Berlin vermerkte, dass der deutsch-jüdische Dichter Heinrich Heine Mitte des 19. Jahrhunderts die Franzosen warnte die Macht von Ideen nicht zu unterschätzen: „Philosophische Konzepte, die in der Stille eines Professoren-Büros genährt werden, können eine Zivilisation vernichten.“ Heine bezog sich auf Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“, die als „das Schwert diente, mit dem europäischer Gottesglaube enthauptet wurde“. Heine sprach auch von Jean-Jacques Rousseaus sozialmoralischer Arbeit als „der blutgetränkten Waffe“, die mit den Händen von Robespierre das alte Regime mit der französischen Revolution zerstört hatte. Heine prophezeite erschreckend, dass die romantischen Überzeugungen der deutschen Philosophen Johann Fichte und Friedrich Schelling „eines Tages von ihren fanatischen deutschen Anhängern mit schrecklicher Wirkung gegen die liberale Kultur des Westens gewendet würden“.

5.

Berlin stellte die Fragen, ob angesichts dieser historischen Fakten, dass Dozenten (oder auch Juristen) solch tödliche Kraft ausüben können, „es nicht vielleicht sein könnte, dass nur andere Dozenten oder zumindest andere Denker (und nicht nur Regierungen oder Kongress-Ausschüsse) sie allen entwaffnen könnten“.

Und in der Tat: Wo sind die Stimmen der Wahrheit Suchenden unserer Generation, Intellektuelle, die die existenzielle Gefahr verstehen, der der Westen ausgesetzt ist, die klar sehen, dass Israel nicht nur um sein eigenes Überleben kämpft, sondern um das Überleben der gesamten freien Welt? Wo sind die intellektuellen Akademiker und Juristen, die der Scheinheiligkeit der Welt und dem internationalen Rechtssystem den Spiegel vorhalten?

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